Im Jänner bereits mehr Masern-Erkrankungen als 2016
Infektionsspezialisten sind alarmiert: Das nationale Meldesystem registrierte im Jänner 2017 bereits 32 Masern-Patienten in sieben Bundesländern. 2016 traten insgesamt nur 28 Fälle auf. Im Vergleich dazu gab es im Jahr 2015 österreichweit 309 Erkrankungen. "Masern kommen meist in Wellen. Die Durchimpfungsraten sind nach wie vor schlecht", erklärt Univ.-Prof. Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien, die Schwankungen in der Statistik.
"Aktuell wird in Österreich eine Ausweitung des Maserngeschehens beobachtet", heißt es im Gesundheitsministerium. Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) geht jedem Ausbruch akribisch nach, es soll der Ursprungsfall ermittelt werden, ob sich das Virus in einer großen Gruppe Ungeimpfter ausbreiten kann, ob die Ansteckung im Ausland erfolgte oder eingeschleppt ist. Die hoch ansteckende Tröpfcheninfektion kann zur Epidemie werden. Grund für die Experten des Ministeriums, der AGES und der Landessanitätsdirektionen in der aktuellen Situation Sofortmaßnahmen einzuleiten. Dazu zählen etwa Bereitschaftsdienste in den Bundesländern und behördliche Präventions- und Kontrollmaßnahmen.
Empfehlung oder Pflicht?
Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) ruft Nicht-Geimpfte auf, sich gegen die oft unterschätzte Infektionskrankheit frühestmöglich mit einer Impfung zu schützen. Außerdem "wollen wir prüfen, ob die rechtlichen Bedingungen derzeit ausreichend sind, um Masernausbrüche möglichst hintanzuhalten". Gesetzliche Maßnahmen müssen dem Verfassungsrecht entsprechen. Die Durchimpfungsrate soll jedenfalls steigen.
Volksanwalt Günther Kräuter (SPÖ) fordert bereits dezidiert die Einführung einer Impfpflicht gegen Masern in Kinderkrippen, Kindergärten und Schulen: „Die Aufrufe, Werbe- und Aufklärungskampagnen der Gesundheitspolitik führen nicht zum Ziel." Die Volksanwaltschaft habe eine sehr sorgfältige Abwägung der Rechtsgüter persönliche Freiheit gegenüber Recht auf Schutz der Gesundheit durchgeführt. Wenn Empfehlungen und Appelle nachweislich nicht zum Ziel führen, seien Verpflichtungen zum Masern-, Mumps-, Röteln-Schutz der Bevölkerung unumgänglich. Die Volksanwaltschaft hat schon in ihrem Bericht 2014 an den Nationalrat die Einführung der Masernimpfpflicht angeregt.
Medizinerin Wiedermann-Schmidt kann sich einen Mittelweg vorstellen: "Bislang war ich keine Befürworterin eines Impfzwangs, weil ich der Meinung war, dass man mit Zwangmaßnahmen noch weniger erreicht. Aber man könnte etwa an Kindergärten oder Schulen sagen, dass Kinder, die nicht geimpft sind, die Institutionen nicht besuchen dürfen." Derzeit würden Impflücken konsequenzlos hingenommen - die Menschen glauben, es ist eine persönliche Entscheidung, und wissen gar nicht, dass sie damit andere gefährden. Univ.-Prof. Wiedermann-Schmidt weiter: "Statt Impfzwang würde ich daher eine ,Impfentscheidung mit Konsequenzen für den sozialen Bereich' fordern. Wenn jemand nicht im Sinne der Allgemeinheit agiert, so sollte das soziale Folgen haben."
Keine harmlose Kinderkrankheit
Masern gelten noch immer bei vielen Menschen als harmlose Kinderkrankheit. Tatsächlich zählt die Infektion aber zu einer der infektiösesten Viruserkrankungen. Sie äußern sich mit einem typischen Hautausschlag, meist treten vorher Fieber oder Husten und Schnupfen auf. Unbehandelt kann sich die Infektion auf das Gehirn ausdehnen und die gefährliche Gehirnhautentzündung verursachen, die tödlich enden kann. Zudem wird auch das Immunsystem geschwächt. Das zeigte 2015 eine Studie im Fachmagazin Science - der KURIER berichtete. Masern werden durch Tröpfcheninfektion übertragen, die Krankheit ist hochansteckend. Ein Infizierter steckt im Schnitt zwölf bis 18 weitere Menschen an.
Impfung schützt vor einer Infektion
Impflücken gibt es bei älteren Jugendlichen und Erwachsenen bis 45, die als Kleinkinder noch nicht zwei Mal gegen Masern geimpft wurden. Und die Jahrgänge 1966 bis 1976 haben – sofern nicht ein natürlicher Schutz durch eine Erkrankung im Kindesalter besteht – einen Impfstoff erhalten, der heute wahrscheinlich nicht mehr wirkt. Bis 45 Jahre ist der Impfschutz kostenlos.