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Immer mehr Jugendliche haben Rückenschmerzen

Während am Taksim-Platz in Istanbul die gewaltreichen Demonstrationen andauern, tagt ebendort der Kongress der Europäischen Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie (EFORT). Eines der Hauptthemen ist die steigende Zahl der Rückenschmerzen bei Kindern und Jugendlichen.

Eine aktuelle finnische Meta-Studie gibt Grund zur Besorgnis. Teija Lund vom ORTON Orthopädischen Krankenhaus Helsinki: „Rückenschmerzen in dieser Altersgruppe sind mit Häufigkeitsraten von bis zu 60 Prozent ein weit verbreitetes Phänomen. Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu und erreicht in der Spätpubertät jene bei Erwachsenen.“ (90 % im Laufe ihres Lebens, Anm.).

Der Studie zufolge haben Mädchen ein höheres Risiko für Rückenschmerzen als Burschen. Die Probleme fangen schon früh an: Fast jedes zehnte Kind zwischen sieben und acht Jahren klagte bereits über Beschwerden im Rücken.

Bewegungsmangel

Auch Kinderorthopäde Alexander Kolb vom AKH Wien beobachtet eine Zunahme bei den jungen Patienten: „Das ist leider ein Zeichen der Zivilisationsentwicklung und hängt mit dem zunehmenden Bewegungsmangel bei den Kindern und Jugendlichen zusammen. Besonders Übergewichtige sind von Problemen betroffen.“

Das führt soweit, dass schon Kinder und Jugendliche bei akuten Rückenschmerzen auf Medikamente angewiesen sind. „Der zentrale Ansatz ist aber zu versuchen, mit Physiotherapie zu helfen. Sonst treten die Schmerzen immer häufiger auf – daraus kann sich schon in frühen Jahren eine Patientenlaufbahn entwickeln“, erklärt Kolb.

Wichtig sei es vor allem, die Heilgymnastik nach Abschluss der Therapie in Eigenregie fortzusetzen. Kolb hofft, dass die Zahl der Kinder mit Rückenschmerzen durch die Förderung der täglichen Turnstunde bald zurückgeht.

Zehengang

Ein weiteres Thema beim EFORT-Kongress waren Gang­störungen bei Kindern. „Mit fünf Jahren zeigen etwas mehr als zwei Prozent der neurologisch unauffälligen Kinder einen Zehengang“, sagte Prof. Isabella Fusaro vom Istituto Ortopedico Rizzoli in Bologna. Bei vielen gibt sich das Problem innerhalb kurzer Zeit von selbst, doch der Zehengang kann auch schwere Folgen haben – etwa Fehlentwicklungen des Fußes, Rückenschmerzen, Probleme mit der Wirbelsäule bis hin zu psychologischen Schwierigkeiten.

Fusaro stellte nun eine Studie vor, bei der Botox-Injektionen in die Waden von Kindern deutliche Besserungen brachten. Die Kinder hatten auf andere Therapieversuche nicht angesprochen und hatten sonst keine neurologischen Störungen. Mit Botox, Knöchel-Fuß-Orthesen und Dehnungsübungen konnte der Gang der Kinder innerhalb von drei Monaten deutlich verbessert werden. Zu den bisherigen Therapiemethoden gehören Physiotherapie, Gipsen, orthopädische Schuhe bzw. Einlagen und in schweren Fällen ein chirurgischer Eingriff.

Übergewicht gilt als Risikofaktor für eine Reihe von Erkrankungen – doch geht es nach einer schwedischen Studie, hat Übergewicht bei älteren Hüft-Patienten auch seine Vorteile. Demnach haben Menschen ab 65 Jahren ein geringeres Risiko nach einer Hüftfraktur zu versterben, wenn sie etwas mehr Speck um die Hüften haben.

Lena Flodin vom Karolinska Institut in Stockholm untersuchte den Einfluss des Body-Mass-Index (BMI, Verhältnis Körpergröße zu Gewicht) von Hüft-Fraktur-Patienten ab 65 Jahren mit der Sterberate innerhalb von einem Jahr. Bei der Studie, die sie beim EFORT-Kongress in Istanbul vorstellte, zeigte sich: Jene Patienten mit einem niedrigen BMI (ein BMI 20 gilt als unterer Grenzwert) haben ein deutlich höheres Risiko, innerhalb von einem Jahr zu sterben und an Druckgeschwüren zu leiden. Außerdem hatten Patienten mit einem höheren BMI signifikant bessere Chancen, zu einem selbstständigen Leben zurückzukehren.

Anästhetika

Mit den Möglichkeiten, Schmerzen und Sterberate nach Hüft-Operationen zu verringern, befassten sich britische Ärzte vom Northumbria Healthcare Trust. Sie wandten bei Hüft-Patienten eine Methode an, die sich nach Knie-Operationen bewährt hat. Dabei werden Lokalanästhetika via Katheter direkt an der Behandlungsstelle verabreicht. Bei der Studie zeigte sich ein deutlicher Rückgang beim Schmerzmittel-Verbrauch, bei der Sterblichkeitsrate, kürzere Krankenhausaufenthalte und weniger Rehabilitations-Aufenthalte. Vor einer Empfehlung für andere Zentren sind jedoch weitere Studien nötig.