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Wen der Wolf wirklich fürchtet

Das Geheimrezept nennt sich Patou oder auch Kuvasz. Es ist groß, hat oft ein weißes Fell, einen uralten Stammbaum und keine Angst. Vor allem nicht vor Wölfen. Michelle Müller spricht von „Hunden, die in der Schafherde aufgewachsen sind und diese als ihre eigene Familie ansehen“. Die deutsche Forscherin muss es wissen, hat sie sich doch in ihrer Masterarbeit mit dem Konfliktpotenzial von Wölfen und auch mit Lösungsansätzen beschäftigt.

Jahrtausende hat der Mensch mit dem Wolf zusammen gelebt und dabei Strategien entwickelt, wie Nutztiere geschützt werden können. Nachdem der Wolf in unseren Breiten mehr als 100 Jahre verschwunden war, gerieten diese Methoden in Vergessenheit. Müller: „Mit der Rückkehr der Wölfe muss die Art der Nutztierhaltung wieder an die Anwesenheit des Räubers angepasst werden.“

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Einst war der Wolf das weltweit am weitesten verbreitete Säugetier. Heute existieren nur noch etwa 200.000  weltweit. Je nach Region unterscheiden sie sich und tragen andere Namen: Timber-, Grau-, Tundra-, Steppen- oder Pallipeswolf.

Deutschland ist uns da voraus, denn dort ist der Wolf bereits seit 19 Jahren zurück. Und er hat sich mittlerweile ordentlich ausgebreitet. 75 Rudel leben zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Bayern. „Gezieltes Wolfsmanagement ist notwendig, um Konflikte zwischen Menschen, ihren Nutztieren und den Wölfen zu verhindern“, sagt Müller und erklärt, wie sie sich das vorstellt. „Früher gab es überall – ob in den Pyrenäen oder Alpen – große weiße Herdenschutzhunde, die mitten in der Schafherde lebten. Hat sich ein Wolf angeschlichen, haben diese Hunde ihn alleine mit ihrem Imponiergehabe vertrieben.

Wölfe meiden starke Gegner

Seit Jahrtausenden verteidigen Herdenschutzhunde Schafe, Ziegen, Rinder oder Gänse. In Brandenburg beispielsweise gibt es Schaf- und Ziegenherden, die seit 2005 mitten im Wolfsland grasen. Das nächste Wolfsrudel lebt 60 Kilometer entfernt. Für einen Wolf ist das eine Nachtwanderung. Doch keiner hat die Herde je angegriffen – dem italienischen Maremmano-Abruzzese, aber auch dem französischen Pyrenäenberghund – kurz Patou – sei Dank. Die Hunde sind extrem aufmerksam und können Gefahren eigenständig richtig einschätzen.

Wobei es hilfreich ist, das Psychogramm des Wolfs zu kennen – der vermeidet nämlich grundsätzlich einen Kampf um Beute, bei dem er sich verletzen könnte. Als Jäger, dessen Streifzüge lang sind, ist die körperliche Unversehrtheit das höchste Gut. Ihr Revier markieren Wölfe ebenso wie Hunde mit Urin und Kot. Sie verstehen also die Botschaft, die Herdenschutzhunde aus der Schafherde senden: Hier leben wir!

Bewährte Methoden

So gesehen lohnt ein Blick nach Deutschland, denn dort hat sich das Revival der Wolf-Methoden unserer Vorfahren „sehr bewährt – vor allem in Kombination mit Elektrozäunen“, wie Müller weiß. Allerdings gibt Müller zu bedenken, dass „der Herdenschutz in Österreich in der Alpenregion schon eine Herausforderung sein könnte“. Die korrekte Einzäunung sei in unwegsamem, steilen Gelände viel schwieriger.

Schießen hilft nicht

Das immer wieder diskutierte Abschießen der Wölfe würde das Problem aber auch nicht lösen, ist Müller überzeugt: „Die Anzahl der Wölfen entscheidend nicht über die Anzahl der Nutztierschäden“, weiß die Forscherin. „Wird der Wolfsbestand regelmäßig dezimiert und auf einer bestimmten Anzahl gehalten, kann die Zahl der Nutztierschäden trotzdem genauso hoch bleiben, wenn nicht ausreichend geschützt wird.“

Müller vergleicht das mit den lästigen Stechmücken im Sommer: „Ich käme nicht auf die Idee mit einer Mückenklatsche bewaffnet draußen auf Mückenjagd zu gehen. Das wäre viel zeitaufwendiger, und alle erwische ich ja sowieso nicht.“ In etwa so sei es mit den Wölfen: „Eine Bejagung hat keinen Sinn. Da müsste man den Wolf europaweit wieder ausrotten.“ Besser sei es, mehr in den Herdenschutz inklusive Forschung und Innovation, sowie die Schulung von Nutztierhaltern zu investieren. Denn: „Herdenschutz funktioniert, das zeigen die Erfahrungen aus bereits länger besiedelten Ländern.“

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