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Hebammen sind nach Komplikationen traumatisiert

Dramatische Geburtsverläufe sind nicht nur für die Eltern traumatisierend: "Auch die Geburtshelferinnen und Geburtshelfer sowie die Hebammen werden dadurch in ihrem weiteren Berufs- und Privatleben traumatisiert." Das sagte Dienstag Prim. Univ.-Prof. Barbara Maier, Leiterin der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe im Wiener Hanuschkrankenhaus, im Vorfeld der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Psychosomatik in der Geburtshilfe und Gynäkologie (17.10. und 18.10. in der Wiener Privatklinik Rudolfinerhaus). "Die Zahl von Geburtshelferinnen und -helfern, die durch ihre Arbeit an posttraumatischen Belastungsstörungen leiden und deswegen ihre berufliche Tätigkeit einstellen, nimmt in Besorgnis erregendem Ausmaß zu."

"Perfekte Geburt"

Häufig seien psychosomatische Folgeerkrankungen, etwa Bluthochdruck oder Herzkreislaufbeschwerden. Ein Grund für diese Entwicklung: Immer öfter komme es – vor allem nach natürlichen Spontangeburten – zu Gerichtsverfahren, sagt Maier.

"Es liegt im Trend unserer Zeit dass alles perfekt sein muss: Das perfekte Geburtserlebnis, das perfekte Kind, den perfekten Frauenarzt, die perfekte Begleitung. Aber eine Geburt bedeutet Risiko – und man sollte schon im Hinterkopf haben, dass es ein Geschenk ist, wenn alles gut läuft", betont die Gynäkologin. Schicksalshafte Verläufe würden nicht mehr toleriert: "Es kommt zur Suche nach Schuldigem, nach jemandem, der haftet und die Verantwortung übernimmt."

Für diese Entwicklung gebe es aber noch einen besonderen Grund: "Eltern eines behinderten Kindes sehen sich jeden Tag mit vielfältigen Aufgaben konfrontiert. Sie haben Zukunftsängste, stellen sich die Frage, wer wird mein Kind nach unserem Ableben betreuen?" Vielfach werde versucht, über die Suche nach einem Schuldigen "die finanzielle Absicherung des Kindes im Gerichtssaal zu erkämpfen". Deshalb tritt Maier für einen Fonds ein, aus dem Eltern von Kindern mit besonderen Bedürfnissen unterstützt werden.

Die Traumatisierung von GeburtshelferInnen – bzw. die Angst, in so eine Situation zu kommen – hat auch Auswirkungen auf ihre medizinischen Leistungen und führe zur Defensivmedizin, um nur ja kein Risiko einzugehen. Maier: "Wenn ich als junge Assistenzärztin Angst habe, in der Morgenbesprechung zerlegt zu werden oder Angst vor einem gerichtlichen Verfahren habe, ist es nachvollziehbar und verständlich, dass ich schon bei der kleinsten Kleinigkeit einen Kaiserschnitt mache." Die Ängste von Eltern und Geburtshelfern seien einer der Hauptgründe für den Anstieg der Kaiserschnittrate (siehe Tabelle).

"Am wichtigsten ist die gemeinsame Betreuung durch Arzt und Hebamme", so der Gynäkologe Bernhard Bartosch vom Rudolfinerhaus. "Und dieses Team muss die Selbstbestimmung der Frau achten."

"Durch eine kontinuierliche Betreuung kann rechtzeitig Vertrauen aufgebaut werden", sagt die Hebamme Eva Rakos. "Und Vertrauen ist das Gegenteil von Angst."

"Selbstbestimmte Geburt“ beginnt dort, wo weder Ärztinnen und Ärzte noch Hebammen Entscheidungen für die Frau treffen, sondern mit ihr gemeinsam.“ Das sagt die Hebamme Lisa Rakos, eine der Referentinnen bei der Tagung. Gesunde Frauen mit gesunden Kindern sollten wählen können, von wem sie während der Schwangerschaft betreut werden: „Von Hebammen oder von Fachärzten.“ Derzeit seien in Österreich Frauen mit niedrigem Risiko überbetreut, Frauen mit einem hohen Risiko hingegen unterbetreut, so Rakos. In England oder Holland sei es üblich, dass gesunde Schwangere von Hebammen und Allgemeinmedizinern betreut werden.
Die Psychoanalytikerin Univ.-Prof. Marianne Springer-Kremser betont, dass Möglichkeiten der Selbst- oder Mitbestimmung auch als Prävention gegen eine Wochenbettdepression von Bedeutung sind.

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