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Suizidversuch: Später weniger Chancen auf einen Job

Jedes Jahr wählen mehr als 1200 Menschen in Österreich den Freitod. Für sie scheint es die einfachste Lösung einer scheinbar ausweglosen Situation. Am Mittwoch ist Welttag der Suizidprävention. Dabei geht es um Aufklärung über einen Schritt, der verhinderbar wäre. Und der das Umfeld immer wieder fassungslos zurücklässt.

Im EU-Vergleich liegt Österreich bei der Suizidrate im Mittelfeld. Besonders häufig wählen Menschen in osteuropäischen Ländern den Freitod. In Südeuropa sind die Zahlen trotz Wirtschaftskrise verhältnismäßig niedrig, erklärt Prof. Thomas Niederkrotenthaler vom Institut für Sozialmedizin an der MedUni Wien. Besonders suizidgefährdet sind in Österreich Männer über 65 Jahre und Menschen mit Migrationshintergrund. „Früher war Suizid außerdem ein städtisches Problem – das hat sich jetzt durch die bessere psychosoziale Versorgung in Ballungszentren verbessert. Inzwischen ist es eher ein Problem am Land.“

Versuche sind häufiger

Jugendliche wählen vergleichsweise selten den Freitod – oft bleibt es beim Versuch. Dennoch gehört Suizid zu einer der häufigsten Todesursachen bei jungen Menschen. Wissenschaftler der MedUni Wien und des Karolinska Instituts in Stockholm sind nun der Frage nachgegangen, wie sich Suizidversuche in der Jugend später auf die Chancen auf dem Arbeitsmarkt auswirken. Sie haben mithilfe von schwedischen Daten den beruflichen Werdegang aller 16- bis 30-Jährigen untersucht, die im Jahr 1994 versucht haben, sich das Leben zu nehmen.

Der Zusammenhang zu späteren Problemen am Arbeitsmarkt war eklatant, berichten die Forscher im International Journal of Epidemiology.Neben einem erhöhten Risiko für Langzeitarbeitslosigkeit waren die Betroffenen doppelt so oft im Langzeitkrankenstand. Das Risiko für eine Invaliditätspension war sogar 4,6-fach gesteigert.

Fehlendes Netzwerk

Sozialmediziner Niederkrotenthaler betont: „Die Integration im Arbeitsmarkt ist ein wichtiger Schritt zur Identitätsbildung.“ Wenn dieses Netzwerk nämlich fehle, könne das wiederum Suizidgedanken schüren. Eine gefährlicher Teufelskreislauf: „Die temporäre Invaliditätspension mündet außerdem häufig in die endgültige. Damit fallen die Menschen komplett aus dem Arbeitsumfeld heraus.“ Eine zentrale Aufgabe sei daher, Programme zu entwickeln, um Betroffene besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Darf man über Suizid sprechen? Mythen zum Thema Suizid

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Suizidgefährdete sprechen oft davon, dass sie nicht mehr weiterleben können oder wollen, wenn etwas Bestimmtes passiert. Es ist ein Mythos, dass ein angekündigter Suizid nicht durchgeführt wird. Warnsignale sind auch sozialer Rückzug, Männer werden oft aggressiver, Betroffene leiden häufig unter Schlafstörungen, bereiten ihr eigenes Begräbnis vor oder schließen noch Versicherungen ab. Ankündigungen sollten immer angesprochen werden – das ist der erste Schritt zu einer möglichen Behandlung.

Beratung: Beratungsstellen in ganz Österreich, auch für Angehörige, finden Sie unter www.kriseninterventionszentrum.at oder telefonisch unter
01 / 406 95 95.