Wissen/Gesundheit

Start in die Pollensaison: Wie Klimakrise und Pandemie sie beeinflussen

Der Start in die Pollensaison 2023 war stark - und vor allem sehr früh: Allergiker klagten bereits im Jänner und Februar über Beschwerden durch Erlenpollen. Rund einen Monat früher als im langjährigen Schnitt, wie Experten der MedUni Wien betonen. Was aber zumindest ein wenig aufatmen lässt: Die nächste Pollenwelle findet mit "verträglicher Fortsetzung" statt. Die bei vielen gefürchteten Frühblüher Birke und Esche stehen dieser Tage vor ihrer Hochblüte.

"Eher milde Saison"

Auch wenn grundsätzlich mit einer "eher milden Saison" zu rechnen sei, könne die Intensität der Belastung noch nicht vorausgesagt werden, hieß es. Ein Grund: Der Klimawandel kann Pflanzen "verwirren". Doch auch bei Allergikern gibt es fragliche Punkte: So stellen alle Aspekte der Covid-Krise, von Long Covid über das Tragen von Schutzmasken bis hin zu mehr Aufenthalt in den eigenen vier Wänden, bis dato nicht konkret einschätzbare Faktoren dar. Auch die Tatsache, dass vor allem im Lockdown mehr Haustiere angeschafft wurden, kann die Häufigkeit von Allergien signifikant beeinflussen. Daten gibt es dazu bisher aber kaum.

"Der letzte Winter reiht sich in die deutlich zu milden der letzten Jahrzehnte ein", so Harald Seidl von GeoSphere Austria (ehemals ZAMG). "Im Tiefland wurde der sechstwärmste der 256-jährigen Messgeschichte verzeichnet." Ideal für Pflanzen, besonders früh ihre Pollen abzugeben. "Bereits im Jänner begannen heuer im Osten Hasel und Erle mit ihrer Blüte", ergänzte Uwe E. Berger, Leiter des Österreichischen Pollenwarndienstes der MedUni Wien. Bedeutet: Viele Allergiker wurden unvorbereitet getroffen - erste Symptome waren heuer ebenso bemerkenswert wie deren Intensität.

Einfluss des Wetters

"Das Wetter selbst macht nicht krank", erklärte der Biologe Holger Westermann, Chefredakteur von menschenswetter.at, einer Service-Plattform für wetterempfindliche Menschen. Allerdings könne es Verlauf und Intensität von Erkrankungen beeinflussen. "Dieser Effekt ist umso größer, je dramatischer der physiologische Stress für den Organismus ausfällt. Wenn der Wetterwechsel also abrupt und tiefgreifend ist oder weil eine manifeste Vorerkrankung in besonderem Maße sensibilisiert."

Asthma bei Gewitter

Allerdings gibt es für Allergiker keine Entwarnung - neue Phänomen wie "Gewitter-Asthma", das in Australien vermehrt zu beobachten ist, stellen zusätzliche Herausforderungen dar. "Zahlreiche Allergene werden vermehrt produziert, wenn Pflanzen unter Stress stehen", schilderte Barbara Bohle, Leiterin des Instituts für Pathophysiologie und Allergieforschung der Medizinischen Universität Wien. "Stress" könne etwa durch Hitze, Trockenheit, Nahrungskonkurrenz und erhöhter Belastung durch Umweltschadstoffe wie Ozon, Schwefel- und Stickoxide verursacht werden.

"Das Wissen um und die Vermeidung von Risikofaktoren sowie die Einhaltung der Allergie- und Asthmabehandlung ist für die Prävention von gewitterbedingtem Asthma entscheidend", appelliert Lungenfacharzt Felix Wantke, Leiter des Floridsdorfer Allergiezentrums in Wien (FAZ).

Bei einem Gewitter mit plötzlichem Temperaturabfall und hoher Luftfeuchtigkeit kommt es zusätzlich zu einem sprunghaften Anstieg von Pollenkonzentration und Ozonbelastung. Das sogenannte "Gewitter-Asthma", das nicht selten bis dahin völlig symptomfreie Menschen betrifft, ist in unseren Breiten noch rar - in australischen Großstädten allerdings vermehrt zu beobachten. Im Rahmen eines vermeintlich erlösenden Sommergewitters quellen Pollen auf - und platzen. Dabei wird eine große Menge Allergene freigesetzt, was ein hohes Risiko für Asthma-Attacken bedeuten. Außerdem: Fehlt eine Nachtabkühlung, verschlechtert sich die Schlafqualität, der Organismus kann sich nicht ausreichend erholen - und wird vulnerabler.

Die kostenlose Pollen-App des Österreichischen Pollenwarndienstes wurde anlässlich des zehnjährigen Jubiläums weiterentwickelt und um neue Services wie 'Asthmawetter' ergänzt. "Die 'Gewitterwarnung' zeigt an, wann im Umkreis Unwetter zu erwarten sind und ob die Ozonwerte steigen werden. Dazu gibt es die Empfehlung, im Innenraum zu bleiben und rechtzeitig Medikamente zu besorgen", so Markus Berger, ärztlicher Mitarbeiter des Österreichischen Pollenwarndienstes.