Wissen/Gesundheit

Medizinhanf: Wird der Zugang bald leichter sein?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnte Hanf und Hanfprodukte neu bewerten – und damit den Zugang zu Cannabisprodukten für medizinische Zwecke erleichtern. „Das wäre in dieser langjährigen Diskussion ein Schritt vorwärts“, sagt der österreichische Chemiker und Toxikologe Rainer Schmid.

Ein WHO-Expertengremium hat mehrere Empfehlungen ausgearbeitet:

Derzeit werden in einem internationalen Abkommen („Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel“) Cannabis und Cannabisprodukte in einer derart strengen Kategorie eingestuft, „die auch einen medizinischen Einsatz nicht erlaubt“,sagt Schmid. In Zukunft aber soll Cannabis anders kategorisiert werden: Und zwar in einer Rubrik, die den Einsatz für medizinische Zwecke unter strengen Auflagen – etwa einem Suchtmittelrezept – gestattet, erklärt Schmid: „So wie das zum Beispiel auch bei Morphin als Schmerzmittel der Fall ist.“

Laut Schmid könnten dann auch Hanfblüten mit dem Inhaltsstoff THC (das ist der psychoaktive Wirkstoff) gegen Rezept in Apotheken abgegeben werden – ausschließlich für medizinische Zwecke. „Das müsste dann bei einer entsprechenden Verschreibung durch einen Arzt möglich sein.“

Gleichzeitig schlagen die Experten vor, dass Produkte mit dem Cannabis-Wirkstoff Cannabidiol (CBD), die nicht mehr als 0,2 Prozent THC enthalten, „nicht unter internationaler Kontrolle“ sind und frei gehandelt werden dürfen. „Das ist eine wichtige Klarstellung.“ In Österreich hat das Gesundheitsministerium das nicht berauschend wirkende CBD zumindest für die Verwendung in Lebensmitteln untersagt.

Abstimmung im März

Ob diese Expertenvorschläge so angenommen werden, wird sich bei einem Treffen der UN-Suchtstoffkommission im März in Wien entscheiden. Da müssen die 53 Mitgliedsstaaten darüber abstimmen. Bisher haben sich allerdings Länder wie China, Russland, Saudi Arabien und auch viele Staaten in Südostasien gegen eine Änderung bei der Cannabis-Klassifizierung gewehrt.

„Die derzeitigen WHO-Bestimmungen sind völlig veraltet und haben mit der Realität nichts mehr zu tun“, sagt Schmid. „Mit den Änderungen versucht die WHO jenen Ländern entgegenzukommen, die dieses Abkommen unterzeichnet haben, aber bereits den Cannabis-Konsum liberalisiert haben: „Das ist ja derzeit eine etwas schizophrene Situation. Einerseits erlauben immer mehr Staaten generell den Cannabis-Konsum, andererseits haben sie ein Abkommen unterzeichnet, das bisher nicht einmal den medizinischen Einsatz zuließ.“ Das US-Magazin Forbes schreibt: „Eine Annahme dieser Empfehlungen würde bedeuten, dass die Regierungen formal anerkennen, den Schaden und den therapeutischen Nutzen von Marihuana über Jahrzehnte falsch beurteilt zu haben.“ Auch wenn die Abstimmung der UN-Kommission für diese Empfehlungen ausgeht: Ob das Auswirkungen auf die österreichischen Bestimmungen hat, ist offen.

Schmid war selbst fünf Jahre lang Mitglied  im internationalen Suchtstoffkontrollrat, einem beratenden  UN-Gremium. Er geht auch auf ein Argument ein, dass oft gegen Cannabisblüten für einen medizinischen Einsatz gebracht wird - dass es nicht möglich sei, eine gleichbleibende Konzentration der Inhaltsstoffe zu gewährleisten. "Das ist heute kein Problem - etwa durch geklonte oder genetisch ganz genau definierte Pflanzen. "Außerdem gibt es auch Qualitätskontrollen." Das Fazit des Experten: „Blüten für medizinischen Hanf sind kein Gras vom Schwarzmarkt.“