Wissen/Gesundheit

"Mental Load": Kognitive Arbeit auf Kosten der mentalen Gesundheit von Frauen

Hört man das Wort „Haushalt“, denkt man oft an Einkaufen, Kochen, Putzen. In unserer Gesellschaft übernehmen nach wie vor überwiegend Frauen diese Aufgaben. Sie verwenden durchschnittlich täglich 44,3 Prozent mehr Zeit für Care-Arbeit, also die unbezahlte Sorgearbeit, als Männer. Umgerechnet beträgt dieser sogenannte Gender Care Gap 79 Minuten Unterschied pro Tag, berechnete das deutsche Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Während ein Teil der Kinderbetreuung oder der Pflege von Angehörigen als physische Arbeit sichtbar ist, gibt es viele Aufgaben, die unsichtbar bleiben. In den vergangenen Jahren gewann der Begriff „Mental Load“ zunehmend an Aufmerksamkeit und rückte in den Fokus der Wissenschaft. Gemeint ist die kognitive Arbeit, die mit Tätigkeiten rund um Haushalt und Familie verbunden ist. 

Aktuelle Studie zeigt enorme Ungleichverteilung

Neue Studienergebnisse, die im Fachjournal Archives of Woman’s Mental Health veröffentlicht wurden, zeigen, dass die unsichtbare Denkarbeit einer Aufgabe, noch häufiger als bereits das physische Erledigen, in der Verantwortung der Frau liegt. 322 Mütter von Kleinkindern wurden dazu befragt, wer in der Familie für 30 gewöhnliche Haushaltstätigkeiten zuständig ist. Dabei wurde unterschieden zwischen physischer Ausführung und der kognitiven Vorarbeit, wie Planen, Vorhersehen, und Delegieren der Aufgabe. 

Mütter berichten davon, für 73% der kognitiven Arbeit zuständig zu sein, im Gegensatz zu den 27%, die Männer übernehmen. Im Vergleich dazu werden physische Tätigkeiten zu 64% von Frauen erledigt und zu 36% von Männern. 

Oft gibt es das Argument, Männer würden sich im Gegensatz zu Frauen um handwerkliche Tätigkeiten, wie Reparaturen oder Gartenarbeit kümmern – sie sind insgesamt aber nur ein kleinerer Teil der langen Liste an Aufgaben, die mehrheitlich Frauen ausführen. In der Studie wurde allein der Bereich der Müllentsorgung mehrheitlich von Männern geplant und ausgeführt. Männer betreiben auch mehr Instandhaltungsarbeiten im Haus, die aber auch mehrheitlich von Frauen geplant wird.

Unsichtbare und oft emotionale Anstrengung 

Ein typisches Beispiel: Das Kind ist zu einem Kindergeburtstag eingeladen. Das Geschenk dafür muss nicht nur besorgt werden, jemand muss zuerst einmal „daran denken“, sich die Fragen stellen: Welches Geschenk könnte das passende sein? Bis wann müssen wir es besorgen?

Am Beispiel des Kindergeburtstages zeigt sich deutlich: Mental Load ist oftmals verbunden mit emotionaler Arbeit. Diese wird noch zu oft als Frauensache angesehen, oder auch ganz einfach automatisiert von Frauen übernommen. Gesellschaftliche Rollenerwartungen und die Strukturen, in denen Frauen sozialisiert werden, finden auch in vielen heterosexuellen Paarbeziehungen, die Gleichberechtigung leben wollen, unterbewusst wieder ihren Weg an die Oberfläche. 

Folgen für Familiendynamik und Gesellschaft

Auffallend an den Ergebnissen: Während Ungleichverteilung der physischen Aufgaben mit einer schlechteren Beziehungsqualität einhergeht, hat die kognitive Arbeit eher Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von Frauen. Jene Frauen, welche einen hohen Anteil der kognitiven Arbeit übernehmen, berichten in höherem Maße von Depressionen, Stress und Burnout.

Unbezahlte Sorgearbeit und Mental Load gehen Hand in Hand. Damit auch mehr Männer in heterosexuellen Paarbeziehungen vermehrt diese Aufgaben wahrnehmen, ist es notwendig, auch über einen längeren Zeitraum damit konfrontiert zu sein. In Österreich sind im Vergleich zu anderen Ländern noch weitaus weniger Männer in Väterkarenz.

Insgesamt bleibt die Ungleichverteilung der Arbeit im Haushalt einer der Hauptmotoren der globalen Geschlechterungleichheit. Sie hindert Frauen daran, voll in der bezahlten Arbeitswelt teilzunehmen, und beeinflusst ihre Gesundheit und Wohlbefinden.