Wissen/Gesundheit

Diabetes: Zu viel Medikamente schaden mehr als sie nützen

Ältere Patientinnen und Patienten, die mehrere Erkrankungen und zugleich Typ-2-Diabetes (T2D) haben, nehmen häufig zahlreiche blutzuckersenkende Medikamente sowie weitere Medikationen für Begleiterkrankungen ein. Dies nennt man Polypharmazie. Übertherapie ist bei diesen Patienten ein häufiges und schwerwiegendes Problem. Eine europäische Studie hat die Probleme Multimorbidität (Patienten haben mehrere Krankheiten gleichzeitig) und Polypharmazie nun näher beleuchtet. Hierfür wurde der Zusammenhang zwischen Diabetes-Überbehandlung und 1-Jahres-Funktionseinbußen, Krankenhausaufenthalten und der Sterblichkeit bei älteren stationären Diabetespatienten untersucht.

Auswirkung bei Über-70-Jährigen

Es handelt sich um eine Zusatzstudie zum europäischen multizentrischen OPERAM-Projekt über multimorbide Patienten im Alter von ≥70 Jahren mit T2D und glukosesenkender Behandlung. 

Von 490 Patienten mit T2D unter glukosesenkender Therapie (mittleres Alter: 78 Jahre; 38 % Frauen) wurde bei 168 (34,3 %) eine Überbehandlung mit Diabetesmedikamenten festgestellt. Bei den Patienten mit überbehandeltem Diabetes gab es im Vergleich zu den nicht überbehandelten Patienten keinen Unterschied bei den Funktionseinbußen (29,3 % vs. 38,0 %; p = 0,088) und der Hospitalisierungsrate (107,3 vs. 125,8/100 Patientenjahre; p = 0,115). Jedoch war die  Sterblichkeitsrate bei überbehandelten Patienten (32,8/100 Patientenjahre) höher als bei nicht überbehandelten Patienten (21,4/100 Patientenjahre; p = 0,033). In multivariablen Analysen war eine Übertherapie weder mit einer funktionellen Verschlechterung noch mit Krankenhausaufenthalten assoziiert (Hazard Ratio, HR: 0,80; 95 % Konfidenzintervall, KI: 0,63 – 1,02). In der Gruppe mit Übertherapie konnte eine höhere Sterblichkeitsrate (HR: 1,64; 95 % KI: 1,06 – 2,52) beobachtet werden.

Übertherapie  und höhere Sterblichkeit 

Die Überbehandlung von Diabetes war demnach mit einer höheren Sterblichkeitsrate verbunden. Krankenhausaufenthalten oder Funktionseinbußen wurden nicht häufiger beobachtet als in der Vergleichsgruppe. Laut der Studienautoren sollten interventionelle Studien durchgeführt werden, um die Auswirkungen einer Reduktion der blutzuckersenkenden Medikamente auf die klinischen Ergebnisse bei überbehandelten Patienten zu untersuchen.