Coronavirus: Ansteckungsrisiko bei Demonstrationen ist noch unklar
Von Ernst Mauritz
Kann eine Großdemonstration ein „Superspreading-Event“ werden, wo also ein oder einige Infizierte überdurchschnittlich viele andere anstecken können? „Derzeit wagt kein Experte eine Prognose zum Risiko von Demonstrationen“, schreibt die Neue Zürcher Zeitung. „Die meisten solcher Infektionsketten weltweit nahmen bisher ihren Ausgang in Innenräumen – etwa in Apreś-Ski-Bars, bei Chorproben oder Gottesdiensten“, sagt Heinz Burgmann, Leiter der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin am Wiener AKH/MedUni Wien.
Laut einer japanischen Studie ist das Risiko, sich bei einer infizierten Person anzustecken, in einem Innenraum um fast das 19-Fache höher als im Freien.
Ansteckungen bei Fußballspielen
Burgmann verweist aber auch auf zwei Champions-League-Fußballspiele, im Februar in Mailand und im März in Liverpool, die laut statistischen Analysen Hunderte Infektionen und letztlich auch Todesfälle verursacht haben sollen: „Aber diese Stadion-Situation ist noch einmal enger, da umarmen sich die Menschen, bewegen sich an die zwei Stunden nicht von ihren Sitznachbarn weg und schreien auch viel. Bei einer Demonstration ist man doch mehr in Bewegung, und der Wind verdünnt die Virenmenge.“ Doch Burgmann sagt auch: „Wo viele Menschen gedrängt stehen, sich vielleicht ohne Maske anhusten, kann es zu Ansteckungen kommen. Wie hoch das Risiko wirklich ist, wissen wir noch nicht.“
"Stimmt mich bedenklich"
„Größere Menschenansammlungen würden mich auch im Freien bedenklich stimmen“, sagte Christian Drosten in seinem NDR-Podcast. „Auch wenn sicherlich das Infektionsrisiko dort deutlich geringer ist.“
Burgmann: „Ein Infektionsrisiko kann niemand ausschließen. Damit aber eine Absage einer solchen Kundgebung zu begründen, das würde aus meiner Sicht zu weit gehen. Die Demonstrationsfreiheit ist ein sehr hohes Recht.“