Alzheimer-Therapie: Neuer Ansatz gibt Hoffnung
Von Ernst Mauritz
Negativmeldungen aus dem Bereich der Alzheimer-Forschung gab es in letzter Zeit viele: Mehrere vielversprechende Wirkstoffe scheiterten knapp vor der Zulassung – möglicherweise, weil sie zu spät im Krankheitsverlauf eingesetzt wurden.
Umso mehr sorgt jede positive Meldung für einen Hoffnungsschimmer. So auch Ergebnisse einer Studie der Washington University School of Medicine, die von manchen Medien als „ Durchbruch" bezeichnet werden. Den Forschern gelang es mit einem neuen Antikörper bei Mäusen, rund die Hälfte der schädlichen Ablagerungen des Eiweißes Amyloid-beta (diese Plaques zerstören die Nervenzellen) zu entfernen, quasi „herauszukehren“.
Das untenstehende Bild zeigt einen Blick ins Mäusehirn: Die Antikörper (rot) binden an die Eiweiß-Ablagerungen (blau) und entfernen sie.
„Natürlich ist der Mensch keine Maus – aber es ist ein neuer Ansatz, der vielversprechend ist“, sagt dazu Univ.-Prof. Peter Dal-Bianco, Präsident der Österreichischen Alzheimer Gesellschaft.
Ein neuer Antikörper zeigte doppelte Wirkung:
- Einerseits reduzierte er im Gehirn ein spezielles Fetttransportmolekül (ApoE) – und zwar nur innerhalb der Plaques, nicht im Blut, wo es eine wichtige Rolle im Fetttransport spielt. Dessen Variante ApoE4 ist der wichtigste genetische Treiber für Alzheimer: „Bei Menschen, bei denen – lang vor ersten Symptomen – die Krankheitsentwicklung im Hirngewebe bereits begonnen hat, beschleunigt es den Verlauf“, sagt Dal-Bianco. Hingegen kann die Variante ApoE2 die Krankheitsentwicklung verlangsamen.
- Und dieser Antikörper konnte nicht nur das ApoE-Molekül entfernen, sondern auch an die Eiweiß-Plaques andocken und diese zu einem Teil ebenfalls entfernen. „Ein genialer Doppelschlag“, wie Dal-Bianco sagt. Natürlich müssen jetzt weitere Studien erst zeigen, ob solche Antikörper sicher für den Einsatz am Menschen sind – und dort auch wirken. Aber alleine der neue Ansatz ist für viele Forscher ein positives Zeichen: Denn während sich viele andere Antikörper, die gescheitert sind, direkt gegen die Plaques richteten, zielt die neue Substanz speziell auf das Molekül ApoE – und löst erst über diesen Weg den Abtransport der Plaques aus.
Heftig kritisiert Dal-Bianco Labors, die Tests auf das Eiweiß ApoE4 anbieten. „Solche Tests sind nur für wissenschaftliche Zwecke geeignet, zum Beispiel um die therapeutische Wirksamkeit von neuen Substanzen beurteilen zu können. Aber für eine Untersuchung Gesunder bringen sie nichts, da werden nur falsche Schlüsse daraus gezogen.“ Auch wenn man Träger der Risiko-Genvariante für das ApoE4-Eiweiß ist: Das bedeutet noch lange nicht, dass man Alzheimer entwickelt. „Umgekehrt hatte ich Alzheimer-Patienten mit der eigentlich schützenden Variante ApoE2. Diese ApoE-Bestimmung als ,Alzheimer-Vorsorgetest`ist nicht sinnvoll.“
Neues Warnsignal: Langsamer Gang
Wenn man einmal vergisst, wo man sein Auto geparkt hat, so ist das unangenehm, aber kein Grund zur Beunruhigung, was das Gedächtnis betrifft. Wenn die Vergesslichkeit aber häufiger wird und den Alltag beeinträchtigt, dann sollte man das überprüfen lassen, raten Neurologen. Jetzt haben britische Wissenschaftler ein weiteres mögliches frühes Zeichen für eine Demenzerkrankung ausfindig gemacht: Menschen, deren Schrittgeschwindigkeit im Alter ebenso wie ihre Entscheidungsfähigkeit abnahm, hatten ein deutlich höheres Demenzrisiko. Für ihre Studie (erschienen im Journal of the American Geriatrics Society) haben sie rund 4000 Menschen, die mindestens 60 Jahre alt waren, über einen längeren Zeitraum beobachtet. Dabei stellten sie einen Zusammenhang zwischen Schrittgeschwindigkeit und Demenzrisiko fest. Besonders gefährdet sind demnach ältere Menschen, deren Schrittgeschwindigkeit innerhalb von zwei Jahren deutlich geringer wurde.