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Wenn die Mutter die Oma sein könnte

Eine 60-Jährige Welserin brachte am Mittwoch Zwillinge zur Welt. Sie ist damit die erste Frau in diesem Alter, die in Österreich Kinder gebar. Weltweit ist sie allerdings nicht die einzige und auch nicht die älteste, die so spät noch Mutter wurde.

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Was sich jetzt viele Menschen fragen: Soll eine 60-jährige Frau überhaupt noch Kinder bekommen? Der Anti-Aging- und Hormonexperte Johannes Huber hat dazu eine klare Haltung: "Das ist keine weltanschauliche Frage, sondern schlicht eine Frage der Fitness. Wenn die Anti-Aging-Strategien eines Tages so erfolgreich sind, dass wir den Alterungsprozess tatsächlich hinauszögern können, dann ja. Aber davon sind wir 50 Jahre entfernt. Aus heutiger Sicht ist eine 60-Jährige nicht fit genug, um Zwillinge aufzuziehen. Die Evolution gibt den Frauen in einer bestimmen Lebensphase enorme Kraft – eine 30-jährige, auch eine 40-jährige Frau ist in einer völlig anderen hormonellen Situation als eine Frau jenseits des Wechsels. Diese Hormone befähigen die Frauen aber nach der Geburt, all den Anforderungen gerecht zu werden. In der Postmenopause fehlt einiges. Die Körperdrüsen agieren anders – es ist einfach nicht zu empfehlen."

Aus eigener Erfahrung kann ich dazu nur Folgendes sagen: Ich habe zwei Kinder – eines habe ich mit 27 Jahren bekommen, das andere mit 40 Jahren. Beide Schwangerschaften waren problemlos, genauso wie die Geburten. Und dennoch kann ich rückblickend sagen, dass sich die ersten drei Lebensjahre des spätgeborenen Kindes für mich anders angefühlt hatten als jene des ersten. Ich war müder, die Leichtigkeit fehlte genauso wie die Fähigkeit zur Schnell-Regeneration. Gut, ich war immer noch fit genug und ich empfinde die "spätere" Schwangerschaft immer noch als Geschenk, als Jungbrunnen und großes Glück. Aber heute, mit 54 Jahren, ist die Vorstellung, nachts ein paar Mal aufstehen zu müssen, mich nach dem Rhythmus eines Babys und später eines Kleinkinds richten zu müssen, der blanke Horror. Okay, ich kann leicht reden: Ich habe ja zwei Kinder. Mag sein, dass Frauen mit großem, tiefen und dringenden Kinderwunsch noch einmal Kräfte mobilisieren können, die Wunder bewirken. Und trotzdem kann’s sein, dass sich die 10-Jährigen, die von der dann 70-jährigen Mutter von der Schule abgeholt werden, mit der Frage auseinandersetzen müssen: Ist das deine Oma?

Was meint Univ.-Prof. Wilfried Feichtinger, "Vater" des ersten Retortenbabys Österreichs, zum aktuellen Fall? "Wir haben schon in den 1980er-Jahren gesagt, dass unsere Grenze der natürliche Wechsel ist – also 50 Jahre. Alles andere widerspricht der menschlichen Biologie. Jemand, der das seriös macht, setzt hier das Limit. Wenngleich es auch auf internationalen Kongressen immer wieder Diskussionen zu diesem Thema gibt – weil ja die Lebenserwartung immer höher wird." Allzu häufig würde sich so ein Fall aber sowieso nicht ergeben, denn eine Frau müsse für eine künstliche Befruchtung vollkommen gesund sein – häufig gibt es in diesem Alter aber bereits das eine oder andere Problem – Stichwort: Diabetes, Blutdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Feichtiger: "Wenn eine Frau – wie diese 60-Jährige Dame in Wels – kerngesund ist, dann ist jetzt halt so. Verurteilen tu ich es nicht."