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Frühe Behandlung verhindert Asthma

Wenn im Frühling die Nase rinnt, die Augen brennen und ständiges Niesen den Alltag beeinträchtigt, nehmen das viele nicht allzu ernst: "Das bisschen Schnupfen ist nach einigen Wochen eh wieder vorbei." Gerade vor dieser Einstellung warnen Experten dieser Tage besonders. Denn Allergien sind auf dem Vormarsch. Bleiben sie unbehandelt, droht eine Verschlechterung. Prim. Fritz Horak vom Allergiezentrum Wien-West: "Bis zu 40 Prozent der nichtbehandelten Patienten mit allergischem Schnupfen entwickeln innerhalb von fünf bis 15 Jahren Asthma bronchiale."

Er spricht von einem "Etagenwechsel". Das heißt: Es kommt zu einer Ausweitung der Symptome - von den oberen Atemwegen und (Nasen-)Schleimhäuten bis in die Lunge. Oft werde diese Entwicklung von den Betroffen aber gar nicht in Erwägung gezogen, weiß Horak. Dabei ist sie gar nicht so abwegig. "Die Nase ist sozusagen der oberste Teil der Lunge, die Epithelzellen (oberste Zellschichten, Anm.) sind sogar ähnlich gebaut."

Horak rät: "Allergiker, die zusätzlich zu ihren bekannten Symptomen auch Husten, Atembeschwerden, pfeifende Geräusche beim Luftholen beobachten oder Druck auf der Lunge verspüren, sollten sich auch auf Asthma untersuchen lassen." Bestätigt der Arzt den Verdacht, ist eine entzündungshemmende Therapie nötig, um das Asthma unter Kontrolle zu halten. Das betrifft übrigens den gesamten Alltag und nicht nur den Akutfall, betont Elisabeth Zehetner, seit fast 30 Jahren Lungenfachärztin in Wien und Salzburg. "Bei einem Anfall verengen sich die Bronchien extrem und verkrampfen sich. Dadurch wird jede Therapie schwieriger. Gelingt es, die Bronchien offenzuhalten, erleichtert das die Behandlung. Und die Patienten brauchen mit der Zeit in der Regel häufig sogar weniger Medikamente." Das ist für viele Betroffene bereits eine Erleichterung und bringt mehr Lebensqualität.

Asthma steigt bei Kindern

Vor allem Kinder mit Heuschnupfen sind gefährdet, unbemerkt Asthma-Patienten zu werden. Mittlerweile leiden bereits zehn Prozent aller Volksschüler an Asthma. Gerade bei den Kleinen ist jedoch eine Asthma-Früherkennung besonders schwierig. "Die Symptome sind sehr unspezifisch und die Beschwerden belastungsabhängig, etwa bei Sport. Wir unterscheiden häufig über die Auslöser", erklärt Fritz Horak. " Ziel ist immer, die Beschwerden gering zu halten und die Lungenfunktion zu optimieren. Dann ist eine beschwerdefreie und vor allem uneingeschränkte Teilnahme am normalen Leben möglich. "Eine Verlagerung der Allergie zu verhindern ist besonders bei Kindern wichtig. Allergien sollten früh diagnostiziert und behandelt werden. Nicht nur, um den Etagenwechsel zu verhindern, sondern auch, weil das fehlgeleitetete kindliche Immunsystem noch leichter beeinflussbar ist." Horak vergleicht dieses mit einem Schienensystem, bei dem die Weichen vergleichsweise geringfügig in die richtige Richtung gelenkt werden können.

Er verweist auf Studien mit der spezifisichen Immuntherapie (SIT). "Das ist eine große Chance für die Zukunft." Bei dieser Behandlung mittels Spritzenkur oder Tabletten wird das Immunsystem an die im Grunde harmlosen Eiweißstoffe gewöhnt, die es bei einer Allergie wie schwere Krankheitserreger bekämpft. Auch noch fünf bzw. zehn Jahre nach Beendigung der Therapie hatten nur 20 Prozent der teilnehmenden Kinder aus der SIT-Gruppe Asthma entwickelt. In der Kontrollgruppe waren es doppelt so viele.

Berufswahl eingeschränkt

In Österreich leiden bereits rund 2,5 Millionen Menschen an Überempfindlichkeiten ihres Immunsystems. Auslöser der Beschwerden sind neben Eiweißstoffen in Pollen auch Nahrungsmittel, Hausstaub oder Haustiere wie Katzen und Hunde. Das beeinflusst immer häufiger auch die Berufswahl. Lungenfachärztin Elisabeth Zehetner: " Für Asthmatiker, aber auch viele Allergiker sind bestimmte Berufe gar nicht möglich. Darauf hinzuweisen gehört gerade bei Jugendlichen ebenso zu einer verantwortungswortlichen Beratung." Nicht nur Bäcker oder Friseur ist für viele Allergiker ein No-go. In vielen Berufen, wo Staub, Dampf, Lösungsmittel oder Hitze auftreten, kann das ohnehin übersensible Bronchialsystem zusätzlich gereizt werden. Etwa bei der Arbeit in einer Druckerei, als Koch, Putzfrau oder Sprühlackierer.

Dass Allergien auch im Beruf einschränken können, bestätigt Otto Spanger von der Österreichischen Lungenunion (ÖLU). 15 Prozent der Asthmatiker gaben in einer Befragung an, sich am Arbeitsplatz beeinträchtigt zu fühlen. Wie die Menschen damit umgehen, ist unterschiedlich. "Viele fürchten sich vor Konsequenzen, gehen nicht in Krankenstand und sprechen auch nicht darüber." Um mehr über ihre Bedürfnisse zu erfahren und ihre Situation verbessern zu können, startet die ÖLU nun in Kooperation mit dem Krankenhaus Hietzing in Wien eine Online-Untersuchung zum Thema "Situation von Menschen mit Asthma am Arbeitsplatz".