Zuerst Kunstherz, jetzt Spenderherz
Von Ernst Mauritz
Sieben Wochen war der 55-Jährige auf der Intensivstation: "Jetzt geht es ihm relativ gut – wir haben das Gefühl, dass sich alles in die richtige Richtung bewegt." Zuversichtlich ist der Herzchirurg Herwig Antretter von der Innsbrucker Universitätsklinik für Herzchirurgie: Im Herbst 2014 erhielt ein 55-jähriger Tiroler mit Herzschwäche ein Kunstherz. Vor sieben Wochen – nach genau 303 Tagen – wurde ihm das Kunstherz entfernt und ein Spenderherz und eine Spenderniere transplantiert.
Der Tiroler ist der dritte Österreicher, dem ein solches "totales" Kunstherz implantiert wurde – und er ist der erste, der nicht in den Wochen nach der OP gestorben ist. "Dieses ,Total Artificial Heart‘ ist etwas ganz anderes als die Herzunterstützungspumpen, bei denen das eigene Herz im Körper verbleibt", so Antretter (siehe re.). Für ein solches System war das Herz des 55-Jährigen schon zu schwach, auch eine Transplantation war – wegen verschiedener Begleiterkrankungen – nicht sofort möglich. "Deshalb war dieses System seine einzige Überlebenschance."
Außergewöhnlich komplexer Eingriff
Bereits die Implantation des Systems war extrem aufwendig – etwa das Herstellen dichter Verbindungen zwischen Kunstherz und Körper. In den vergangenen 303 Tagen bildeten sich zahlreiche Verwachsungen – die mussten jetzt bei der Entnahme der Pumpkammern sorgfältig gelöst werden. Auch die Transplantation des Spenderherzens war "außergewöhnlich komplex".
Eine Dauerlösung wäre diese Form von Kunstherz nicht gewesen: "Dieses System ist für den Patienten sehr belastend. Der sechs Kilogramm schwere pneumatische Antrieb – man trägt ihn in einer Tasche mit sich – ist durch die Kompressoren auch relativ laut, es ist schon schwierig, damit in ein Gasthaus zu gehen." Der weltweit längste Einsatz eines solchen Systems bei einem Patienten betrug 3,8 Jahre, die Haltbarkeit beträgt nicht mehr als vier bis fünf Jahre.
Für den 55-Jährigen ist die Prognose jetzt sehr gut: "Wenn alles gut geht, wird er in einem halben Jahr wieder ein normales Leben führen."
Kein völliger Ersatz, aber eine lebensnotwendige Unterstützung für geschwächte Herzen: Das sind die sogenannten Rotationspumpen, die an der Spitze der linken Herzkammer eingesetzt werden. An der MedUni Wien und einem Zentrum in England wurde vor Kurzem weltweit erstmals die bisher Kleinste dieser Pumpen implantiert: Sie wiegt nur noch 78 Gramm und ist halb so groß wie alle bisherigen Systeme. An 60 Patienten in elf Zentren weltweit wird das System derzeit geprüft. "Wir erachten diese miniaturisierte Pumpe als einen weiteren großartigen Fortschritt in der Herzersatztherapie", so Günther Laufer, Leiter der Abt. für Herzchirurgie der MedUni Wien.