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ELGA-Hotline ist überlastet

Viele legen entnervt auf: 1000 Anrufe verzeichnet seit Dienstag die „ELGA-Serviceline“ täglich. Beim KURIER-Test waren die Anrufer auch nach 15 Minuten noch in der Warteschleife. Grund für den Andrang: Seit 7.1. kann man aus dem ELGA-System austreten („Opt-out“). Bis Donnerstagmittag wurde das Austrittsformular 30.000-mal von der Homepage www.gesundheit.gv.at heruntergeladen, 2000 Personen haben sich tatsächlich abgemeldet. „Die Sensibilität im Bereich Datensicherheit ist höher als vor einem Jahr, viele Telefonate dauern zehn bis 20 Minuten“, sagt Susanne Herbek, Geschäftsführerin der ELGA GmbH. Ab kommender Woche werden statt derzeit 20 mehr als 30 Mitarbeiter Anrufe beantworten.

Was ist die Elektronische Gesundheitsakte genau?

Frühestens ab Herbst wird man über die Internet-Seite www.gesundheit.gv.at neue eigene Befunde und verordnete Medikamente abrufen können – vorerst nur von öffentlichen Spitälern in Wien und Niederösterreich. 2015 kommen dann alle anderen öffentlichen Spitäler dazu, Mitte 2016 die niedergelassenen Ärzte. Zugriff haben – außer dem Betroffenen selbst – nur behandelnde Ärzte (28 Tage). Der Apotheker, der verschriebene Medikamente abgibt, kann zwei Stunden lang auf die Medikamentenliste zugreifen. Die Befunde werden nicht zentral gespeichert. „ELGA vernetzt nur jene Daten, die bereits jetzt verteilt bei verschiedenen Ärzten oder Spitälern vorhanden sind.“

Was ist eigentlich das Ziel von ELGA?Mehrfachuntersuchungen sollen vermieden, die Behandlungsqualität soll erhöht werden, sagt Gesundheitsminister Alois Stöger. Arzt und Patient sollen schnell einen Überblick über die bisherigen Befunde bekommen.

Warum startete der Hausärzteverband eine Kampagne für die Abmeldung?

„Wir können die Vertraulichkeit der Patientendaten nicht mehr garantieren“, sagte Verbandspräsident Christian Euler am Donnerstag. „Wir müssen unsere Daten für die Einschau Dritter offenhalten.“ Die ärztliche Schweigepflicht sei damit Geschichte: „Wir fürchten nicht so sehr Hackerei, sondern den völlig legalen Gebrauch der Daten durch den Staat.“

Was sagen dazu die ELGA-Befürworter?

Von „übler Desinformation“ spricht der Vorsitzende des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, Hans Jörg Schelling. „ELGA-Gesundheitsdaten dürfen weder von Behörden noch durch Versicherungen abgefragt werden“, sagt Herbek: „Auch Ärzte, die für Behörden oder Versicherungen tätig sind – etwa Amts- oder Chefärzte – haben keinen Zugriff. Jeder Zugriff auf die Daten ist protokolliert. Für nicht befugte Zugriffe gibt es Strafen in der Höhe von mehreren 10.000 Euro bzw. bis zu einem halben Jahr Haft.“

Warum lehnt Datenschützer Hans Zeger ELGA ab?

„Grundsätzlich bekenne ich mich zu einem elektronischen Gesundheitsinformationssystem, aber ELGA in der jetzigen Form ist eine Mogelpackung, organisiert wie die Maria-Theresianische Kanzleiordnung“, so Zeger, Obmann der ARGE Daten. Das Projekt sei völlig unausgegoren, es handle sich um eine Art Vorratsdatenspeicherung im Gesundheitswesen. Das weist Herbek zurück: „ELGA selbst speichert keine Befunde. Krankenhäuser müssen schon bisher Befunde 30 Jahre lang aufheben – das hat mit ELGA nichts zu tun. ELGA holt nur im Anlassfall die Daten dorthin, wo sie gebraucht werden.“

Werden die Ärzte in Datenbergen untergehen?

„Die Ärzte werden in riesigen Datenhaufen suchen müssen, das ist realitätsfremd“, so Zeger. „Wir haben nicht die Zeit, PDF-Daten durchzusehen“, so auch Eva Raunig, Hausärzteverband: „Wir müssen die Patienten ,angreifen‘, sie abhören, EKGs machen.“ – „Es werden nur neue Befunde gespeichert und die einheitlich strukturiert“, entgegnet Herbek. „Filterfunktionen zur leichteren Suche werden ausgebaut, Befunde schrittweise interaktiv aufbereitet.“

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Das Austreten aus ELGA gestaltet sich als nicht so einfach, wie die futurezone in einem Selbsttest in Erfahrung bringen konnte.

Fakt ist, dass es derzeit für Menschen mit nur durchschnittlichen PC- und Internet-Kenntnissen, wirklich schwierig ist, aus ELGA auszutreten. Will man sich nicht minutenlang mit der Hotline herumquälen, braucht man einen Internet-Zugang (um das Formular auszufüllen), einen Drucker (um es auszudrucken) sowie einen Kopierer-Scanner (um seine Ausweiskopie einzupflegen). Das sind bereits in manchen Haushalten große Hürden. Bei über 60-Jährigen beträgt die Anzahl der "Offliner" einer Studie aus dem Jahr 2012 zufolge über 40 Prozent, bei den über 70-Jährigen sogar 70 Prozent.

Zusätzlich zu den technischen Mitteln braucht man einen PDF-Reader (der ist in der Regel nicht vorinstalliert). Und man muss das Formular im Internet erst einmal finden, denn es ist sehr "gut versteckt". Im durchgeführten Selbsttest gab es zudem mehrere Fehlermeldungen, die Normal-User wohl schon abschrecken dürften. Selbst wenn man es geschafft hat, das Formular auszufüllen und auszudrucken – man kann es lediglich an ein Postfach senden. Das geht freilich nicht mit einem eingeschriebenen Brief. Man erfährt dadurch auch nie mit Sicherheit, ob das Austrittsformular auch tatsächlich angekommen ist.

Auch die Hotline hält so manche Schwierigkeit bereit. „Wer bei der Hotline anruft, um ein Formular zum Austritt zu beantragen, muss nach gefühlten zehn Minuten in der Warteschleife einen Monolog ertragen, bei dem man dazu überredet wird, doch nicht auszutreten“, erklärte der Obmann der ARGE Daten, Hans Zeger, am Donnerstag.

Der Österreichische Hausärzteverband (ÖHV) sparte daher nicht an Kritik: „Wir kritisieren scharf, dass es keine Möglichkeit gibt, sich persönlich abzumelden. Wir wollen Abmeldestellen nachträglich erkämpfen“, erklärte Eva Raunig, Bundessekretärin des ÖHV.

Patienten sollten allerdings tatsächlich ein Recht darauf haben, selbst zu entscheiden, ob sie die Elektronische Gesundheitsakte wollen oder nicht – und ein erschwertes Opt-Out verhindert dies bei weniger internet-affinen Menschen derzeit gekonnt.