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Dolmetscher sollen Migranten helfen

Wegen einer Ohrenerkrankung kam der 14-jährige Sohn einer türkischstämmigen Wiener Familie ins Spital. Dort wurde Diabetes festgestellt. Bei der Stellung vier Jahre später waren seine Nieren so geschädigt, dass er sofort in ein Dialyseprogramm musste. Seither wartet er auf eine Transplantation.

Die Mutter sagte, im Spital keine Informationen erhalten zu haben. Das Spital betonte, Verhaltensregeln „glaubhaft vermittelt“ zu haben. Der Fall landete bei der Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz. „Auch wenn wirklich informiert wurde: Die Info ging nicht in Handeln über. Die komplexe Erkrankung Diabetes wurde nicht klar genug vermittelt.“

Ob sprachliche Barrieren, Informationsdefizite oder kulturell unterschiedliche Zugänge zu Krankheit: Die Gesundheitskompetenz von Menschen mit Migrationshintergrund sowie Barrieren und Verbesserungsstrategien beschäftigen Mediziner schon länger. Sie waren am Donnerstag auch Thema des regelmäßig stattfindenden Gesundheitspolitischen Forums. Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit in der Wirtschaftskammer: „Es ist für die Wirtschaft wichtig, dass unser Gesundheitssystem funktioniert, aber auch, dass der Output – also die gesund erlebten Lebensjahre – stimmt. Wenn wir hier das Thema Migration nicht einbeziehen, wird es in diesem Bereich Probleme geben.“

Studien zeigen immer wieder, dass der Gesundheitszustand von Migranten im Schnitt schlechter ist als jener von Österreichern. Laut Rotem Kreuz fühlen sich nur mehr 13 Prozent der über 60-Jährigen gesund(nicht Zugewanderte 24 %). Außerdem wird häufiger Medizin in Anspruch genommen, wenn sie bereits krank sind, aber kaum in Form von Vorsorge. Vor allem Frauen sind häufig benachteiligter. Sie sind noch stärker von tradierten Geschlechterrollen beeinflusst.

Miteinander reden

Ein Schlüssel für mehr Gesundheitskompetenz ist sicherlich Sprache. Deshalb forderte die Ärztin Univ.-Lekt. Türkan Akkaya-Kalayci von der MedUni Wien ein, einen schon lange diskutierten Dolmetscher-Pool für alle Bundesländer umzusetzen. Die Kosten könnte, so wie erfolgreiche Projekte etwa aus Schweden zeigen, die Sozialversicherung übernehmen. Akkaya-Kalayci leitet den Universitätslehrgang „Transkulturelle Medizin und Diversity Care“, der sich genau mit den Schnittstellen verschiedener Lebenswelten im Medizinbetrieb beschäftigt. „Studien zeigen, dass die Therapietreue viel besser ist, wenn die Patienten richtig informiert sind. Und Mediziner können die Diagnosen besser stellen.“

Dass sich Ärzte auch engagiert mit Patientenaufklärung auseinandersetzen, zeigen bereits Einzelinitiativen. Etwa jene an einer internen Spitalsabteilung in Wien, wo die Patienten per Laptop mehrsprachig über Eingriffe wie Stents oder die Notwendigkeit von Bypässen informiert werden.