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DNS-Entdecker will Krebs heilen

Antioxidantien (wie die Vitamine A, C und E) schützen vor Krebs, freie Radikale (Stoffwechselnebenprodukte) hingegen sind gefährlich – so eine weit verbreitete Meinung. Doch laut dem US-Biochemiker und Nobelpreisträger James Watson – er ist einer der Entdecker der Struktur unserer Erbsubstanz (DNA) – ist es bei Krebspatienten genau umgekehrt: „Neue Daten deuten darauf hin, dass viele Krebserkrankungen im Spätstadium deshalb nicht mehr erfolgreich behandelt werden können, weil der Tumor zu viele Antioxidantien enthält“ schreibt Watson in einem Artikel im Fachmagazin Open Biology.

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Die Zeit sei reif, um ernsthaft darüber nachzudenken, ob der Konsum von als zellschützend gedachten antioxidativen Nahrungsergänzungsmitteln wie Vitaminpräparaten nicht eher Krebs verursacht als verhindert.“ Antioxidantien machen bei Gesunden die zellzerstörenden Sauerstoffradikale unschädlich.Watsons Hypothese: Strahlen- und Chemotherapie erzeugen mehr solcher freien Radikale. Diese greifen die Krebszellen an und lösen bei ihnen ein Selbstmordprogramm aus. Deshalb würden mehr Antioxidantien, die freie Radikale blockieren, den Tod von Krebszellen verhindern. Sein populäres Fazit: „Heidelbeeren (sind reich an Antioxidantien, Anm.) sollte man essen, weil sie gut schmecken – und nicht, weil sie zu weniger Krebserkrankungen führen.“

Watson sieht in den freien Radikalen einen Ansatz für künftige Krebstherapien, die gegen viele Tumore und auch gegen Metastasen wirken. Für ihn ein vielversprechenderer Weg als derzeit neue Therapien, die oft nach kurzer Zeit ihre Wirkung verlieren, weil der Tumor widerstandsfähig wird.

Noch kein Beweis

„Eine Zufuhr von Antioxidantien hat sich bisher in der Prävention und Therapie von Krebserkrankungen als unwirksam herausgestellt“, sagt der Onkologe Univ.-Prof. Heinz Ludwig, Vorstand der 1. Med. Abteilung im Wiener Wilhelminenspital. „Teilweise zeigte sich sogar ein leicht erhöhtes Krebs- und Sterblichkeitsrisiko.“ Andererseits gebe es noch keine harten Beweise für Watsons Hypothese, dass mehr freie Radikale Krebs besser bekämpfen. „Außerdem greifen freie Radikale sowohl gesundes als auch krankes Gewebe an.“

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„Den Generalschlüssel, mit dem wir alle Krebserkrankungen abdrehen können, den sehe ich leider nicht“, sagt Ludwig. „Wir haben in den vergangenen 20, 30 Jahren gelernt, dass das Problem viel komplexer ist, als wir je vermutet hätten.“ Dies sei auch der Grund dafür, dass viele der neuen – und von Watson kritisierten – Therapien eben nur eine begrenzte Zeit wirken.

„Wir haben aber auch bei lange Zeit nur sehr schwer zu behandelnden Krebsarten Fortschritte gemacht“, sagt Ludwig. Beispiel Lungenkrebs: Bei bestimmten Mutationen – genetischen Veränderungen – im Tumor geben wir den Patienten heute keine Chemotherapie mehr, sondern neue Medikamente, sogenannte Tyrosinkinasehemmer.“ Diese wirken einerseits besser und haben andererseits weniger Nebenwirkungen: „Für die Patienten ist das ein großer Vorteil.“ Trotz vieler erfolgreicher kleiner Schritte werde eines immer klarer, betont Ludwig: „Der Weg zu neuen erfolgreichen Therapien ist ein sehr langer – und er ist wahrscheinlich um vieles länger, als wir früher gedacht haben.“

Angebot für Patienten
Publikumsveranstaltung
„Neue Medikamente – neue Hoffnungen – neue Herausforderungen“ lautet der Titel einer Veranstaltung der Initiative „Leben mit Krebs“ am 1. 2. im Radiokulturhaus des ORF (1040 Wien, Argentinier Straße 30a), 18 Uhr. Nähere Infos: www.leben-mit-krebs.at

Qigongkurs
Am 14. 1. startet auf der 1. Med. Abt. des Wilhelminenspitals ein Qigongkurs für onkologische Patienten und Begleitpersonen. Auskünfte: Hermelinde Sedlacek, 01 / 49150 / 2166

www.onkologie.at

Noch sind es Versuche mit Mäusen, und eine Anwendung beim Menschen ist noch weit entfernt. Doch Experten bezeichnen den Ansatz als vielversprechend: Forschern des deutschen Paul-Ehrlich-Instituts ist es gelungen, Masernviren zu erzeugen, die gezielt Krebsstammzellen – aus ihnen entwickeln sich die Krebszellen – infizieren und abtöten. Sie sind in vielen Tumortypen nachweisbar.

Das Masernvirus wurde zunächst abgeschwächt und damit ungefährlich gemacht – es kann keine Masernerkrankung mehr auslösen. Dann veränderten sie das Virus so, dass es nur in Zellen eindringen kann, an deren Oberfläche sich ein bestimmtes Eiweiß (CD 133) befindet – dazu gehören die Krebsstammzellen. Zwar gibt es auch noch andere – gute blutbildende – Stammzellen mit diesem Oberflächenmerkmal: Diese sind aber gegen den Angriff der Viren immun. Bei den Krebsstammzellen ist diese Immunität hingegen defekt. Auch ein anderer neuer Forschungsansatz sorgte dieser Tage für Aufsehen: Japanische Forscher entnahmen Krebspatienten spezielle Abwehrzellen (T-Zellen. Im Labor gelang es ihnen, diese Zellen zu vermehren – sie könnten als „Turbo“ für das Immunsystem wirken.