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Diagnose Krebs: Offen darüber reden statt tratschen

"Natürlich habe ich mir auch die Frage gestellt: Wie ist das, wenn ich morgen sterben würde? Müsste ich mir vorwerfen, dass ich im Leben etwas versäumt habe? Diese Frage konnte ich aber für mich mit ,nein‘ beantworten."

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Offen sprach Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser Montagabend beim KURIER-Gespräch "Leben mit Krebs" im Raiffeisenforum in Wien unter der Moderation von Martina Salomon (stv. KURIER-Chefredakteurin) über ihre Erkrankung.

Kein Einwand

"Die einzige spürbare Änderung in meinem Leben ist, dass ich eine Stunde später aufstehe – statt um 5 um 6 Uhr", sagt Oberhauser. Die Ärzte hätten auch keinen Einwand dagegen gehabt, dass sie arbeite – wenn sie es schaffe. "Ich habe es probiert, und natürlich bin ich hier in der guten Situation, mir vieles selbst einteilen zu können." Ihr sei bewusst, dass das für Menschen, die z.B.an einer Kassa oder in einem Büro arbeiten, ganz anders sei: "Deswegen darf man keine Rückschlüsse von mir auf andere ziehen. Meine Situation ist da eine ganz andere." Für sie sei von Anfang an klar gewesen, offen mit der Erkrankung umzugehen und die Krebsdiagnose klar zu kommunizieren: "Sonst wäre sie auf dem Tratschweg bekannt geworden."

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Auch Society-Journalistin Andrea Buday ging mit ihrer Brustkrebsdiagnose an die Öffentlichkeit: "Mir hat es sehr geholfen, mich mit Menschen auszutauschen, die schon Erfahrungen mit der Krankheit hatten und dieses oder jenes geschafft hatten. Und vielleicht habe ich mit meinem öffentlichen Tagebuch auch dem einen oder anderen geholfen. Vor allem aber habe ich mir selbst damit sehr geholfen."

Mentale Stärke

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Der Wissenschaftsjournalist und ehemalige Krebspatient Kurt Langbein hat sich mit seinem "Weißbuch Heilung" mit ergänzenden (komplementärmedizinischen) Therapiemethoden befasst: "Es braucht die schulmedizinische Zerstörung des Tumors. Aber daneben sind auch andere Maßnahmen notwendig, die die eigene Abwehrkraft wieder stärken." Mentale Stärke sei dabei ein ganz wichtiger Faktor – "und eigentlich sogar ein Heilmittel".

Auch der Onkologe Univ.-Prof. Hellmut Samonigg von der MedUni Graz betonte, dass es "um mehr geht als nur die Bekämpfung des Krebses: Es geht um die Betreuung des Menschen, der Krebs hat, um das Mithelfen dabei, dass er aufgefangen wird". Ein schlecht geführtes Erstgespräch zum Beispiel könne für den Patienten "lebenslang ein Riesenthema sein" .

"Mehr Zeit"

Für diese umfassende Betreuung der Krebspatienten sollen Pflegepersonal und Ärzte "wieder mehr Zeit bekommen", sagte Ministerin Oberhauser. "Wir werden versuchen, viele hauswirtschaftliche Tätigkeiten aus der Gesundheits- und Krankenpflege herauszunehmen." Damit sollen Krankenschwestern und Krankenpfleger mehr Zeit für fachliche Aufgaben haben – und so letztlich auch die Ärzte mehr Zeit bekommen.

Neue Therapiemöglichkeiten

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Samonigg sieht für die Zukunft ganz neue Therapiemöglichkeiten: "Wir werden nicht in fünf Jahren alle Krebsfälle heilen können: Aber jetzt ist die Tür zur Immuntherapie (zielgerichtete Aktivierung des Immunsystems gegen den Tumor mit speziellen Medikamenten, Anm.) endlich aufgegangen, erste Erfolge gibt es bei schwarzem Hautkrebs und Lungenkrebs." Oberhauser: "Krebs ist heute in vielen Fällen eine chronische Erkrankung geworden."

Bei Andrea Buday hat die Krebserkrankung dazu geführt, dass sie etwas liebevoller zu sich selbst ist und viel öfter nein sagt: "Und persönlich kann ich nur jedem Menschen raten: Genießen Sie jeden Augenblick – und lachen, tanzen und singen Sie so oft Sie können."