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Das Recht auf Nichtwissen

Meine Cousine ist mit 49 Jahren an Brustkrebs gestorben. Ist jetzt auch mein Risiko erhöht?“ „Ich würde Ihnen raten, zu einer genetischen Beratungsstelle zu gehen“, antwortete Humangenetiker Univ.-Prof. Markus Hengstschläger von der MedUni Wien. Nach einem ausführlichen Gespräch u. a. über mögliche weitere Erkrankungen an Brust- oder Eierstockkrebs in der Familie werde der Genetiker sagen, ob ein Gentest eine Möglichkeit wäre und welche Information er liefern würde. „Ob Sie ihn dann wirklich machen lassen, ist aber Ihre Entscheidung. Es gibt auch ein Recht auf Nichtwissen.“

Beim Datenschutz habe Österreich international eine Vorreiterrolle: Kranken-, Lebensversicherungen oder Arbeitgeber haben keinen Zugriff auf derartige Testergebnisse – und dürfen auch keinen Gentest verlangen.

Zahlreiche Fragen hatten Mittwochabend die Besucher beim GesundheitstalkGentests“ von KURIER, MedUni Wien und Novartis im neuen Van-Swieten-Saal der Medizinischen Universität Wien.

Karin Gilan kommt aus einer Familie mit einem erblich erhöhten Brust- und Eierstockkrebsrisiko: „Nur zwei Frauen in der Familie sind nicht daran gestorben.“ Deshalb ließ sie vor 14 Jahren einen Gentest machen – wie Angelina Jolie hat sie eines der beiden Brustkrebsgene, die das Erkrankungsrisiko deutlich erhöhen. „Bevor man so einen Test durchführen lässt, sollte man sich aber genau überlegen, ob man das Ergebnis wirklich wissen will – und was man dann damit macht. Denn es ist sehr schwierig, mit einem Testergebnis, das ein stark erhöhtes Erkrankungsrisiko zeigt, weiterzuleben.“

Nur wenige Anlagen

„Doch nur die wenigsten Patienten mit einer Krebserkrankung sind bereits mit einer vererbten genetische Anlage auf die Welt gekommen, die dann im späteren Alter das Erkrankungsrisiko deutlich erhöht“, erklärte Hengstschläger. „Meist entsteht erst im Laufe des Lebens – zum Beispiel durch UV-Strahlung und andere Faktoren wie etwa Rauchen oder zu viel Alkohol – an einer lokalen Stelle eine genetische Veränderung, aus der sich eine Krebserkrankung entwickelt.“

Gentests haben es ermöglicht, dass wir heute verschiedene Krebserkrankungen besser behandeln können und in bestimmten Fällen, wo dies früher nicht der Fall war, sogar eine Heilung möglich ist“, sagte Wolfgang Bonitz, medizinischer Direktor von Novartis. Denn mit den Tests kann die genaue genetische Veränderung des Tumors bestimmt werden – „und dann wird ein Medikament verabreicht, das ganz gezielt bei dieser Mutation wirkt.“

So gebe es seltene Tumoren des Magen-Darm-Traktes oder auch bestimmte Leukämie-Formen, bei denen mit gezielt wirkenden Tabletten die Krankheit über viele Jahre zurückgedrängt werden könne. „Wir haben heute für verschiedene Erkrankungen Lösungen, die wir uns vor 15 Jahren noch überhaupt nicht vorstellen hätten können.“

In Zukunft werde man mithilfe von Gentests die Auswahl einzelner Medikamente für den jeweiligen Patienten noch weiter eingrenzen können, betonte Bonitz.

Gentests, für die man Speichelproben einschickt und dann Informationen über möglicherweise erhöhte Krankheitsrisiken (bei Krankheiten, die viele verschiedene Ursachen haben) erhält, lehnt Hengstschläger ohne Beratung ab: „Denn dann lässt man die Menschen mit Ergebnissen, die sie nicht einschätzen können, alleine.“