Brustkrebs: Patientinnen machen zu wenig Bewegung
Von Ernst Mauritz
Ausreichend Bewegung nach einer Brustkrebserkrankung kann die Lebenszeit deutlich verlängern, die Heilungschancen erhöhen - und besonders auch die Lebensqualität insgesamt steigern. Das ist durch zahlreiche Studien belegt. Doch eine große US-Studie der University of North Carolina zeigt jetzt: Nur gut ein Drittel der Frauen macht nach ihrer Erkrankung so viel Bewegung, wie es in den Bewegungsrichtlinien empfohlen wird.
Für die Studie (erschienen im Journal "Cancer") wurde das Bewgungsausmaß von 1735 Frauen in North Carolina im Alter zwischen 20 und 74 Jahren vor und nach ihrer Brustkrebsdiagnose erhoben. Ergebnis: Lediglich 35 Prozent kamen auf die 150 Minuten Bewegung in mittlerer Intensität (oder 75 Minuten in hoher Intensität), die vom US-Gesundheitsministerium und der US-Krebsgesellschaft pro Woche empfohlen werden. Auch die Österreichischen Bewegungsempfehlungen geben diesen Umfang an. „Mittlere Intensität“ bedeutet, dass die Atmung etwas beschleunigt ist, während der Bewegung aber noch gesprochen werden kann, höhere Intensität bedeutet, dass man tief(er) atmen muss und nur noch kurze Wortwechsel möglich sind.
Frauen brauchen Unterstützung
Die Studienautoren und Krebshilfeorganisationen betonen, dass man für die mangelnde Bewegung aber nicht einfach die Patientinnen verantwortlich machen könne. Im Gegenteil: Die Frauen bräuchten nach der Diagnose mehr Unterstützung und Begleitung beim Umsetzen von Bewegungsempfehlungen in ihren Alltag. Denn dies alleine zu tun, ist oft enorm schwierig: Einerseits leiden viele Patientinnen unter Müdigkeit, bedingt durch die Chemotherapie und auch andere Medikamente. Andererseits fällt es vielen Frauen in dieser Phase sehr schwer, sich zu zusätzlicher Bewegung zu motivieren. "Es müssen von den Verantwortlichen der Gesundheitssysteme Strategien bewertet und anschließend umgesetzt werden, wie man Brustkrebspatientinnen erfolgreich helfen kann, ihr Bewegungsausmaß zu steigern", sagt Studienautorin Brionna Hair von der University of North Carolina.
Dass körperlich aktive Krebs-Patienten eine bessere Prognose haben, zeigten Wissenschafter des "Lawrence Berkeley National Laboratory" in Kalifornien: Wer den Bewegungsempfehlungen folgt, reduziert sein Sterberisiko um 25 Prozent, laut anderen Studien sogar bis zu 40 Prozent. „Bislang gibt es keine medikamentöse Behandlung, die diese Erfolgsraten aufweisen kann“, erklärten deutsche Mediziner bei einem Symposium "Sport und Krebs" in München. „Unser Ziel ist es, die Patienten aus dem “Bermudadreieck„ Fernseher, Couch und Depression herauszulocken und ihnen durch Bewegungsprogramme die Möglichkeit zu geben, aktiv gegen ihre schwere Erkrankung zu kämpfen“, erläuterten Martin Halle, Direktor der Sportmedizin am Klinikum Rechts der Isar und Michael Schoenberg, Chefarzt der Chirurgie am Rotkreuzklinikum München. In Krebssportgruppen können Patienten zudem ein spezielles Trainingsprogramm absolvieren.
Bewegung wirkt auch vorbeugend
"Körperlich aktive Frauen haben um 20 bis 80 Prozent weniger Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, als nicht aktive Frauen", schreibt die Medizinerin Prof. Vesna Bjelic-Radisic von der Klinischen Abteilung für Gynäkologie der Uni-Klinik für Frauenheilkunde und Geburtsheilkunde der MedUni Graz in der Fachzeitschrift "Ärzte Woche" unter Bezug auf aktuellen Studien. Wobei sich eine Risikoreduktion bereits bei einer Stunde körperlicher Aktivität pro Woche - im Vergleich zu gänzlich inaktiven Frauen - zeigte. Pro zusätzlicher Stunde sinkt das Risiko um jeweils weitere drei Prozent.
Keine klare Aussage könne derzeit darüber gemacht werden, ob ein lebeslanges körperliches Training notwendig ist, oder ein Training in bestimmten Lebensjahren ausreicht, um die Reduktion des Brustkrebsrisikos durch körperliche Aktivität zu erreichen. Es gebe allerdings Hinweise darauf, dass die Risikoreduktion bei Sport nach der Menopause größer sei als davor, so Bjelic-Radisic. Fazit: Es ist also nie zu spät, mit Walken, Joggen oder Radfahren zu beginnen.