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Brustkrebs: "Die Lebensqualität erhöhen"

Wie lange werde ich noch leben?“ Diese Frage hört Gynäkologe Univ.-Prof. Christian Singer vom Brustzentrum der MedUni Wien immer wieder von Patientinnen mit Brustkrebs in fortgeschrittenem Stadium: „Dann erzähle ich von einer meiner Patientinnen, die seit 13 Jahren ganz gut mit einem Brustkrebs mit Lebermetastasen lebt. Deshalb bin ich mit Zahlenangaben sehr vorsichtig geworden. Es können einige Jahre sein – und auch sehr gute Jahre.“

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Fortgeschrittener Brustkrebs ist das Thema beim nächstenGesundheitstalk von KURIER, MedUni Wien und Novartis am kommenden Mittwoch.

„Im fortgeschrittenen Stadium ist unser oberstes Ziel , die Lebensqualität zu erhöhen. „Das bedeutet, die Therapie individuell auf den Gesundheitszustand und die Beschwerden anzupassen.“ Dies seien durchaus Therapien, die auch gegen das Tumorwachstum wirken, aber mit wenigen Nebenwirkungen.

Tumor verkleinern

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„Bei Tumoren, deren Wachstum von den weiblichen Sexualhormonen angeregt wird, versuchen wir möglichst lange mit einer schonenden antihormonellen Behandlung (senkt die Hormonspiegel), Anm.) auszukommen. Oder wir setzen neue Medikamente ein, die gezielt die Vermehrung der Krebszellen blockieren.“ Im „metastasierten Stadium“ tritt der Krebs auch in anderen Organen – vor allem Leber, Lunge, Knochen und Hirn – auf. „Durch die heute angewandten Therapien kann vielfach die Größe der Tumoren verkleinert werden – von ihnen ausgelöste Beschwerden wie Atemnot oder Druckschmerzen gehen zurück.“

Beginnt der Tumor wieder zu wachsen, könne er mit neuen Chemotherapien neuerlich zurückgedrängt werden. „Aber wir vermeiden aggressive Kombinationen von Chemotherapien, die starke Nebenwirkungen haben, und setzen stattdessen die Substanzen einzeln hintereinander ein.“ Knochenmetastasen etwa können heute sehr gut mit neuen Substanzen behandelt werden. „Die Fresszellen, die den Knochen abbauen, werden in ihrem Wachstum gehemmt. Die Patientin bekommen einmal monatlich eine Injektion und leben oft jahrelang weitgehend beschwerdefrei.“ In einem Brustzentrum könnten Ärzte verschiedenster Fachrichtungen gemeinsam die optimale Therapie zusammenstellen. Überdies gebe es heute viel bessere Mittel gegen Schmerzen und auch Übelkeit als früher.

Besonders wichtig sei eine umfassende psychoonkologischen Betreuung: „Wir haben an unserem Brustzentrum zwei speziell ausgebildete Psychologinnen, die Patienten und ihre Angehörigen mit all ihren Sorgen betreuen. Das ist ganz entscheidend für eine gute Lebensqualität.“

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Das Leben lässt sich nicht planen. Das hat Mona Knotek-Roggenbauer durch die Brustkrebs-Diagnose vor zwei Jahren gelernt. Anstatt Dinge und Diskussionen zu verschieben, lebt sie heute mehr im Jetzt: „Ich möchte tun, was gut für mich ist, und jeden Tag positiv abschließen.“ Die 49-Jährige hat immer ein Lächeln auf den Lippen und erzählt mit strahlenden Augen, selbst wenn es um ihre Krankheit geht. Ihre Familie gibt ihr Rückhalt, ihr Mann begleitet sie zu Terminen. Beschönigen wollen die beiden nichts. Horror – mit diesem Wort fasst Robert Knotek das Jahr 2011 zusammen. Im Januar ertastete Mona ein Knötchen in der Brust, das sich bei der Mammografie als Tumor herausstellte. Im Krankenhaus riet man ihr von der Brustamputation ab. Stattdessen unterzog sich Mona einer Chemotherapie – mit verheerenden Folgen. Eine Blutvergiftung führte zu mehrfachem Organversagen und einem Herzinfarkt. „Die Ärzte hatten mich aufgegeben“, erzählt sie tapfer. Schließlich wurde sie doch noch ins Wiener AKH geflogen, wo sich ihr Zustand stabilisierte – „ein Wunder“. Ihre Brust verlor Mona später trotzdem. „Viele Männer kommen damit nicht zurecht und verlassen ihre Partnerin nach der Amputation“, weiß Robert. „Doch ich habe nicht eine Minute an unserer Ehe gezweifelt. Mona ist so offen und warmherzig.“ Den Tumor hat Mona besiegt, doch die Chemotherapie hat bleibende Schäden an Lunge und Darm hinterlassen. „Ich werde nicht wieder Vollzeit arbeiten können“, bedauert die Consulterin, die erst vor kurzem ihr Psychologiestudium abgeschlossen hat.

Schreiben und beraten

„Dafür hat mein Mann meinen Traum verwirklicht und die Beratungsfirma gegründet, die ich mir gewünscht hatte“, sagt Mona. Hier kann sie sich im Hintergrund verwirklichen, vor allem durch Schreiben. Für das Brustkrebs-Netzwerk Europa Donna verfasst sie einen Blog. Kreative Arbeit und die Kommunikation mit anderen Betroffenen liegen ihr am Herzen. Monas Ratschlag für Frauen mit gleicher Diagnose: „Lasst euch unbedingt in Spezialeinrichtungen behandeln. Nur Brustkrebszentren verfügen über die notwendigen Erfahrungen.“ Mittlerweile ist eine Rekonstruktion realistisch. Die fehlende Brust ist das einzige an Mona, was sie noch an den Alptraum erinnert. Dem Wort Brustkrebs begegenet sie sonst beinahe gleichgültig: „Es löst nichts mehr in mir aus. Die Krankheit ist Normalität - nicht weniger, aber auch nicht mehr.“