Bittere Pillen aus dem Internet
Von Ernst Mauritz
"Testsieger Online-Apotheken" steht groß auf der Homepage jenes illegalen Arzneimittelversands, der jetzt von Ermittlern in mehreren europäischen Ländern enttarnt wurde. "Test Juni 2013 – 21 Unternehmen, Deutsches Institut für Service-Qualität."
Den Test dieses Institutes gab es tatsächlich: Der Sieger war allerdings eine ganz andere, legale deutsche Online-Apotheke. "Professionell gestaltete Online-Portale täuschen den Konsumenten Echtheit und Seriosität vor", heißt es im jüngsten Produktpirateriebericht des Finanzministeriums. Orientierungshilfe gibt es bisher kaum: "Aus unserer Sicht gibt es derzeit kein eindeutiges Kriterium, das die Seriosität einer Internet-Apotheke zweifelsfrei belegt", sagt Viktor Hafner, Vizepräsident der Wiener Apothekerkammer. "Gütesiegel sind schnell auf eine Homepage gestellt. Und wie will man gegen eine missbräuchliche Verwendung solcher Siegel vorgehen, wenn der Betreiber der Homepage etwa in Afrika oder Asien sitzt?"
"Bei Medikamentenbestellungen im Internet gibt es immer einen Unsicherheitsfaktor", sagt auch Experte Bernhard Matuschak vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). "Für den Laien ist es schwierig zu unterscheiden, was ist seriös, was ist dubios."
"Ein Medikamentenkauf per Internet kann mit unkalkulierbaren gesundheitlichen Risiken verbunden sein", heißt es im Testmagazin Konsument. Legal dürfen derzeit nur ausländische Apotheken (mit Sitz in der EU) rezeptfreie Medikamente nach Österreich versenden. Diese Arzneimittel müssen in Österreich zugelassen sein. Ab 25. 6. 2015 ist dann auch österreichischen Apotheken der Online-Versand erlaubt.
Doch auch bei den legalen EU-Internetapotheken ist nicht immer alles legal: Bei einem Konsument-Test 2011 lieferten 10 von 16 regulären EU-Internetapotheken illegale Medikamente nach Österreich: Etwa cortisonhaltige Salben, bei denen es sich zwar um einwandfreie Originalpräparate handelte – diese sind aber in Österreich rezeptpflichtig und dürfen deshalb nicht per Versand vertrieben werden.
Mangelnde Beratung
Kritik gab es auch beim Test des Instituts für Service-Qualität: "Beim Kontakt per eMail wurden Fragen der Kunden oft nicht vollständig beantwortet. Im Test gingen die Mitarbeiter am Telefon in 60 % der Fälle nicht individuell genug auf den Kunden ein und stellten zum Beispiel keine gezielten Nachfragen zur gesundheitlichen Situation."
Die Internetapotheken argumentieren, um zumindest 20 Prozent günstiger als niedergelassene Apotheken zu sein. "Das gilt nur für Lockangebote", entgegnet Hafner: "Wenn man sich alle Präparate ansieht und alle Zusatzkosten wie Versand und Gebühren einbezieht, gibt es praktisch keine Ersparnis mehr." Als Alternative setzen die Apotheker auf das Online-Bestellportal apodirekt.at – die georderten Medikamente kann man dann von einer Apotheke seiner Wahl abholen. Der Konsument (9/2014) kritisiert, dass etliche günstige Generika noch nicht erhältlich sind. Hafner: "Das Angebot ist im Aufbau und wird noch ausgeweitet."