Wirtschaft

Zum Versichern gezwungen

Als im Sommer 2012 St. Lorenzen in der Obersteiermark von einer Mure verwüstet wurde, entstand ein Millionenschaden. Die Regierung gab aus dem Katastrophenfonds 20 Millionen Euro für den Wiederaufbau und der Schadensvorsorge (Wildbachverbauung) frei. „Es war ein lokales Phänomen“, erinnert sich der Österreich-Chef der UNIQA, Hartwig Löger, der selbst nur unweit vom Katastrophenort aufgewachsen ist. Egal, ob lokale oder großflächige Wetterereignisse – „die privaten Haushaltsversicherungen decken immer nur einen Basisschaden ab“, sagt Löger. Im Durchschnitt 10.000 bis 15.000 Euro. „Erst im Schadenfall wird deutlich, dass das zu wenig ist.“ Sein Vorschlag: Eine Pflichtversicherung für alle Haushalte.

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Löger verweist dabei auf zahlreiche Länder in Europa, die ein solches Modell bereits eingeführt haben (siehe Grafik). Insbesondere die Schweizer Variante sei ein Vorbild. Dort ist eine Schadenversicherung für Hausrat, Geschäftsinventar und Gebäude verpflichtend in der Feuerversicherung integriert. „Damit ist man automatisch auch gegen Hochwasser, Überschwemmungen, Sturm, Hagel, Lawinen und Felssturz versichert“, sagt Löger. Im Schadenfall ist der Versicherungsnehmer bis zu 25 Millionen Franken geschützt. Freilich ist auch bei diesem Modell der Schutz begrenzt: Die Obergrenze je Ereignis für alle Geschädigten zusammen liegt bei 250 Millionen Franken. Wird dieses Limit überschritten, werden alle Schadenzahlungen proportional gekürzt.

In Österreich haben laut Löger 95 Prozent aller Haushalte eine Feuerversicherung, daher wäre die verpflichtende Katastrophenversicherung am einfachsten darüber abzuwickeln. „Mit durchschnittlich 50 Euro je Haushalt im Jahr wäre dies finanzierbar“, sagt er. Auf betrieblicher Ebene sei eine Staffelung nach Größe sinnvoll.

Kritiker des Modells werfen oft ein, dass dabei auch Haushalte und Firmen zum Zahlen verpflichtet werden, die höchst unwahrscheinlich von einer Katastrophe betroffen wären (etwa in Großstädten). „Diese zahlen über den Katastrophenfonds jetzt auch schon mit“, entgegnet Löger. Außerdem sei es „ein Akt der Solidarität“.

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Laut Löger hat der Versicherungsverband bei der neuen Bundesregierung das Modell der Pflichtversicherung bereits deponiert. „Es gibt Bereitschaft, darüber zu diskutieren“, sagt er.

Keine Kündigungen

Infolge des Hochwassers im Vorjahr sind bei der UNIQA in Österreich 6177 Schadensmeldungen eingegangen. Rund 45 Millionen Euro an Zahlungen wurden geleistet. Die derzeitigen Schneemengen im Süden des Landes hätten noch zu keinen vermehrten Meldungen geführt. „Die kommen meist erst, wenn der Schnee geschmolzen ist“, sagt Löger. Dass es nach dem letzten Hochwasser zu vermehrten Kündigungen nach Schadenleistung gekommen sei, verneint er. Jedoch würde man Kunden, die permanent Schäden haben, aber nur gegen diese versichert sind, ansprechen und versuchen dazu zu bewegen, auch andere Produkte abzuschließen. „Das trauen wir uns.“

Mit Anfang 2011 hat die damalige Bundesregierung den Steuersatz für Lebensversicherungen mit Einmalerlägen bei Laufzeiten zwischen 10 und 15 Jahren von vier auf elf Prozent erhöht (bei Auszahlung des Gesamtbetrages am Laufzeitende). „Die Neuverträge sind daraufhin um 75 Prozent zurückgegangen“, sagt UNIQA-Österreich-Chef Löger. Nun will die neue Regierung den vergünstigten Steuersatz ab zehn Jahren Laufzeit mit März wieder einführen. Allerdings nur für über 55-Jährige.

Die UNIQA erhofft sich daraus heuer um 40 Prozent mehr Neuabschlüsse als zum gesamten Vorjahr. Löger erklärt die Alterseinschränkung. „Wer früh genug Kapital hat, kann ohnehin über eine lange Laufzeit mit einer geringen Prämie eine gute Kapitalbasis für eine lebenslange Zusatzrente bilden.“ Bei vielen aber seien die nötigen Mittel erst zu einem späteren Lebensabschnitt verfügbar. „Dann zahlt sich ein Einmalerlag aus. 15 Jahre Laufzeit wären aber für 55-Jährige zu lang.“

Bei der ebenfalls reformierten Zukunftsvorsorge will die UNIQA heuer ein neues Produkt bringen. Denn die alten Verträge beginnen nun sukzessive auszulaufen. Damit will die Versicherung Kunden zum Wechsel in die neue Form animieren, bevor sie sich zum völligen Ausstieg entschließen. Bezüglich Pensionskonto appelliert Löger, die Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt auszufüllen und zu retournieren. „Es zahlt sich aus, weil man so die richtige Basis für die eigene Vorsorge hat.“