Wirtschaft

Zögern der EZB bei Zinssenkung könnte "fatale Folgen" haben

Die Teuerung in der Eurozone hat sich mit einem Anstieg im Dezember von 2,4 auf 2,9 Prozent wieder wegbewegt vom Zwei-Prozent-Ziel der EZB.  EZB-Chefin Christine Lagarde sagte in Davos: "Wir sind auf dem richtigen Weg, wir bewegen uns in Richtung zwei Prozent", sagte sie. Sie werde aber noch nicht den Sieg erklären. "Nein, noch nicht." Die EZB werde im späten Frühling Daten aus den diesjährigen Tarifabschlüssen in den Ländern erhalten. "Wir werden wahrscheinlich viel mehr im April, Mai wissen," sagte sie. Diese Daten würden der EZB eine gute Vorstellung davon geben, wie sich die Inflation entwickeln werde.

Erste-Group-Chefanalyst Friedrich Mostböck rechnet weiterhin mit Zinssenkungen im Jahr 2024 und zwar in der zweiten Jahreshälfte.

Die EZB müsse sich dabei „zweifelsohne von effektiv gelieferten Daten“ leiten lassen. „Allerdings werden auch noch die Zinserhöhungen vom August und September 2023 Zeit brauchen, um von den Volkswirtschaften verarbeitet zu werden“, sagt er zum KURIER.

 ➤Mehr zum Thema: Die Inflation zog wieder an

Im Gegensatz zu den USA weise die Eurozone nur ein sehr schwaches reales Wachstum auf (vor allem Deutschland). Deshalb müsse die EZB ein Gleichgewicht zwischen angemessenem Wachstum und einem akzeptablen Preisniveau finden. „Die EZB muss entschlossen, aber nicht zu spät handeln, um ihre Integrität in den Augen der Öffentlichkeit und der Märkte zu wahren“, so der Experte.

Schwieriger Balanceakt

Mit einer Zinssenkung zu warten, bis die Inflation möglichst nahe bei zwei Prozent liegt, könnte in der derzeitigen Wirtschaftslage „fatale Folgen“ haben. Eine moderne Zentralbank müsse ein vorausschauendes, zukunftsorientiertes Gleichgewicht zwischen Wachstum und Inflation herstellen. Mostböck: „Andernfalls wird man der EZB einmal mehr vorwerfen, nicht nur zu unentschlossen und zögerlich zu handeln, sondern auch die Wirtschaft und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden.“

Alle Inhalte anzeigen

Fazit: Erste Zinssenkungen erscheinen dem Experten zumindest in der zweiten Jahreshälfte 2024 realistisch und dies sollte unabhängig von der US-Notenbank erfolgen, wie es „dem unabhängigen Stabilitätsmandat der EZB angemessen erscheint“.