Wirtschaft

EZB kauft Schrottpapiere, um Kreditbremse zu lösen

Neapel bereitete der Europäischen Zentralbank am Donnerstag einen unfreundlichen Empfang: 4000 Demonstranten forderten „mehr Wohnungen und Arbeit“ und „Schluss mit der Sparpolitik“. Vermummte warfen Steine und Flaschen in Richtung Polizei.

Im streng bewachten Capodimonte-Museum wies EZB-Boss Mario Draghi den Vorwurf zurück: An den Wirtschaftsproblemen seien nicht die Notenbanker schuld.

Weil der Leitzins am Tiefpunkt angelangt ist, wird die EZB den Banken und anderen Investoren ab Mitte Oktober Pfandbriefe und sogenannte ABS-Papiere abkaufen. Das Programm läuft mindestens zwei Jahre und könnte theoretisch bis zu 1000 Milliarden Euro umfassen. Ein riskanter Deal: Laut Insidern haben Österreichs Gouverneur Ewald Nowotny und sein deutscher Kollege Jens Weidmann als einzige dagegen gestimmt.

Was genau sind ABS?

Mit dem Anti-Blockiersystem von Autos haben ABS nichts zu tun – sie sollen aber gewissermaßen die Kreditbremse lösen. Das Kürzel steht für „asset backed securities“, mit Forderungen besicherte Wertpapiere. Das sind Kredite, die gebündelt und verbrieft werden, um sie handelbar zu machen.

Warum kauft die EZB diese Papiere?

Die Kreditvergabe nimmt in der Eurozone seit vielen Monaten ab – vor allem für Klein- und Mittelbetriebe. Wenn die Banken diese Papiere loswerden, verbessert das ihr Eigenkapital – sie können theoretisch mehr Kredite vergeben. Praktischer Nebeneffekt: Es hilft jenen Banken, bei denen der Stresstest Ende Oktober eine Kapitallücke offenlegt. Diese lässt sich so verkleinern.

Woher rührt der schlechte Ruf von ABS?

Komplexe ABS-Papiere haben in der US-Immobilienkrise wie ein Brandbeschleuniger gewirkt: Das Risiko wurde breit gestreut, am Ende wusste niemand mehr, was darin versteckt war. Man werde nur „einfache und transparente“ Kreditbündel kaufen, versprach Draghi.

Laden die Banken ihren Schrott bei der EZB ab?

Das befürchten zumindest die Kritiker. Die EZB werde nun vollends zur Rettungsbehörde und Bad Bank, klagt der deutsche Ökonom Hans-Werner Sinn. Tatsächlich wird sie ABS-Papiere auch aus Griechenland und Zypern kaufen, deren Rating (BBB– und darunter) üblicherweise als „Schrott“ bezeichnet wird.

Wer haftet eigentlich für die Risiken der EZB?

Alle Euroländer sind an der EZB je nach ihrer Größe beteiligt – im Endeffekt haften die Steuerzahler.

Ist die Deflationsgefahr damit gebannt?

Nein. Zuletzt lag die Teuerung gefährlich tief bei 0,3 Prozent. Falls nötig, wird die EZB Staatsanleihen kaufen.