Wirtschaft

Wo kommt eigentlich unser Essen her?

Geht es nach dem Willen von Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger, kommt demnächst eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Lebensmittel, genau genommen für die Hauptzutaten in solchen Produkten. „86 Prozent der Österreicher wollen wissen, woher ihr Essen kommt“, unterstützt Georg Strasser, Präsident des Österreichischen Bauernbundes, den Vorschlag – wie auch Landwirtschaftkammer-Präsident Josef Moosbrugger. Schließlich soll das Österreich-Mascherl den Bauern mehr Geld in die Kassen spülen, so das Kalkül. Die Ministerin verweist auf der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin auf die Vorzeigeländer Italien und Frankreich, die nationale Herkunftskennzeichnungen bereits umgesetzt haben. „Absatz und Umsatz werden steigen“, ist sie überzeugt.

Dass ihre Rechnung aufgeht, wird in der Lebensmittelindustrie bezweifelt. Österreich habe nicht genug Rohstoffe, um auf inländische Ware umzustellen. Dazu kommt, dass Lebensmittelhändler verstärkt auf Eigenmarken setzen, die im Branchendurchschnitt bereits 30 Prozent des Sortiments ausmachen. „Gibt es zu wenig Nachschub am Heimmarkt, werden Händler darauf pochen, dass zuerst der Nachschub für ihre Eigenmarken gesichert wird“, sagt Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Lebensmittelfachverbandes. Dass Bauern so höhere Preisen bekommen, bezweifelt sie, denn der Preisdruck bei Eigenmarken sei hoch. „Der Schuss geht nach hinten los.“ Auch für verarbeitende Betriebe, fürchtet sie: „Wer keine Eigenmarken mit österreichischen Rohstoffen liefert, wird mit dem Markenartikel ausgelistet werden.“

Am Ende zahlt Kunde

Davon abgesehen würde die neue verpflichtende Kennzeichnung zusätzliche Kontrollen und Kosten bringen, die letztlich wohl der Kunde zahlt. Sofern er dazu bereit ist und nicht lieber zu günstigerer Ware mit ausländischen Zutaten greift. Koßdorff: „Wir verlieren an Wettbewerbsfähigkeit. Die Regierung bevorzugt Ausländer gegenüber Inländern, indem sie uns einen Kostenrucksack umschnallt.“

Ministerin Köstinger bleibt gelassen. In Italien sei der Aufschrei bei Einführung der Kennzeichnungspflicht noch lauter gewesen. Konzerne wie Barilla lobbyierten, weil ihre Rohstoffe nicht aus Italien kamen, sagt Köstinger. Barilla hätte mittlerweile auf Made in Italy umgestellt.

Nationale Siegel, wie jenes der AMA, das Österreich vor einem Viertel Jahrhundert auf freiwilliger Basis eingeführt hat, sind in Italien neu. Die Italiener haben traditionell auf Produkte mit geschütztem geografischen Ursprung gesetzt – wie Parmaschinken. Aktuell haben sie 299 solcher Marken, in Österreich sind es nur 16 (etwa Steirisches Kürbiskernöl).

Bleibt die Frage, ob eine verpflichtende Kennzeichnung das Ende des Ama-Gütesiegels einläutet. Michael Blass, Chef der AMA-Marketing, bleibt gelassen. Sein freiwilliges Siegel sei viel umfassender und ziehe gerade auch in die Gastronomie ein.

Fest steht, dass der Ruf nach regionalen Lebensmitteln in vielen Ländern laut wird. Noch vor 20 Jahren lautete die Doktrin der EU, dass es keine Rolle spielen soll, ob ein Produkt aus Finnland oder Frankreich kommt. Es ging um Europa, die Globalisierung nahm zu. „Diese Entwicklungen lassen das Pendel jetzt in die andere Richtung ausschlagen“, meint Blass.

Die Einladung nach Berlin erfolgte durch das BMNT, die AMA Marketing, den Österreichischen Bauernbund und die LK Österreich.