Wo Kaffeebohnen die Lebensader sind
Von Irmgard Kischko
Eine Tasse Kaffee gefällig? In Uganda erntet man auf diese Frage meist ein „nein“. Das Land, zweitgrößter Kaffee-Exporteur Afrikas nach Äthiopien, lebt von den „schwarzen Bohnen“, eine Kaffeekultur, wie wir sie in Europa kennen, ist den Bewohnern aber fremd.
Stolz sind die Kaffee-Bauern auf ihre kleinen Plantagen aber dennoch. Mable Kakuba ist eine von vier Millionen Ugandern, die direkt vom Kaffeeanbau leben. Knapp 1,5 Hektar groß ist ihre kleine Plantage im Hochland nahe Mbarara, rund 300 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Kampala. Die Kaffeepflanzen wachsen dort auf etwa 1400 Metern Meereshöhe im Schatten von Bananenstauden. Zwei Mal im Jahr kann Mable eine Ernte einfahren. Jede Kirsche – so nennt man die erntereifen Früchte der Kaffeepflanze – wird dann handgepflückt in einen Sack geworfen. Maschinen hat Mable nicht. Das hat nicht nur Nachteile. Denn die Kirschen reifen nicht alle gleichzeitig. Händisch können die Reifen herausgepickt werden. Würden Maschinen durchfahren, kämen auch viele unreife Kirschen in den Sack. „Das Handpflücken ist wichtig für die Qualität des Kaffees“, sagt Fritz Kaltenegger, Geschäftsführer von café + co. Das österreichische Unternehmen hat im vergangenen Oktober erstmals direkt bei der Kooperative der Kleinbauern von Mbarara Kaffee bestellt. Der Container mit 20 Tonnen handgepflücktem Bio-Kaffee aus Uganda trifft dieser Tage in Wien ein.
Mables Ernte ist auch dabei. Sie ist mit ihrer Kleinplantage eines der 300 Mitglieder der lokalen Kaffeebauern-Kooperative. Der Direktverkauf bringt den Bauern einiges an Vorteil. Denn durch die Ausschaltung von Zwischenhändlern können sie einen etwas besseren Preis für ihren Kaffee lukrieren. Das Einkommen der Kaffeebauern ist dennoch gering. Umgerechnet 1000 bis 2000 Euro im Jahr verdient Mable damit. Sie ist zufrieden, sie brauche nicht viel zum Leben, meint sie.
Abwanderung
Die Jungen sind weniger zufrieden mit so einem Einkommen. Keines der zehn Kinder von Mable ist in der Region geblieben. „Sie leben in Kampala, manche sind Lehrerinnen“, erzählt die Kaffee-Bäuerin.
Arbeiten in der Landwirtschaft hat in Uganda einen schlechten Ruf. „Das ist etwas für die Dummen, die nichts gelernt haben“, meint etwa Patrick, ein junger Mann aus Kampala. Die Menschen ziehen lieber in die Städte, werden Händler und hoffen so, mehr zu verdienen. Dennoch hängen 72 Prozent der Bevölkerung von der Agrarwirtschaft ab. Zur Wirtschaftsleistung des Landes trägt dies aber nur ein Viertel bei, die Dienstleistungen dagegen mehr als die Hälfte.
Wasser für die Schule
Aber auch die Lebensbedingungen in den ländlichen Regionen sind für die Jungen nicht mehr attraktiv. Viele Dörfer sind nicht ans Stromnetz angeschlossen, haben kein Fließwasser und sind nur über schlechte Straßen erreichbar.
Sogar die zehn Schulen, in die die Bauern der Kooperative ihre Kinder schicken, haben weder Wasser noch Strom. Die hygienischen Bedingungen in den Schulen sind entsprechend schlecht. Von der öffentlichen Verwaltung ist nichts zu erwarten, die Bauern haben daher café + co um Hilfe gebeten. Nun werden auf jeder Schule Regenwasser-Auffangbehälter mit Filtern montiert. Etwa 20.000 Euro wird das café + co kosten – aus österreichischer Sicht eigentlich keine große Summe. Für die ländliche Region, in der die Kaffeebauern leben, aber ein niemals leistbarer Betrag. Mindestens 1000 Kinder können also künftig auch in der Schule Wasser trinken.
Die größte Sorge der Bauern aber ist der Klimawandel. Zu viel Regen auf einmal, zu lange Trockenperioden. „Das ist Gift für die Kaffeepflanzen“, sagt Mable. Mable hat mit ihrer kleinen Plantage allerdings Glück. Gleich oberhalb des Grundstücks fließt ein Bach vorbei. Von dort hat sie bereits eine Bewässerungsrinne zu ihren Pflanzen gezogen und einen Schlauch verlegt. Das sollte ihre Ernte sichern.
Bis zum Rechtsstaat ist es noch ein weiter Weg
Im Gefängnis landet ein Ugander schnell. Es reicht schon eine Anzeige. „Wenn der Anzeiger noch zwei Zeugen für die angebliche Untat hat, wird der Beschuldigte sofort in U-Haft genommen“, sagt Katja Kerschbaumer, Juristin und Mitarbeiterin der Austrian Development Agency (ADA) in Kampala.
Eine U-Haft in Uganda kann Jahre dauern. Denn die Justiz ist völlig überlastet, kommt mit den Verfahren nicht nach. Stellt sich dann nach Jahren heraus, dass der Beschuldigte gar nichts verbrochen habe, kann sein Haus und seine Frau schon weg sein. „Anzeigen sind in Uganda ein Mittel, um Widersacher los zu werden“, erzählt Kerschbaumer. Die rasche Verhängung der Untersuchungshaft habe damit zu tun, dass es kein funktionierendes Meldewesen gebe. Beschuldigte könnten also rasch untertauchen.
Kerschbaumer, die seit zehn Jahren in Uganda lebt, unterstützt den Staat beim Aufbau von besseren juristischen Strukturen und berät auch bei der strukturellen Verbesserung des Polizeiapparats. Am Thema Korruption kommt sie dabei nicht vorbei. Korruption ist ein großes Problem in Uganda, sowohl im kleinen, bei der Polizei, der Verwaltung und bei Gericht, als auch im großen Stil, resümiert die ADA in ihrer „Länderinformation Uganda“. Zwar seien Rechnungshof und interne Revision gut ausgestattet, die Verfolgung und Sanktionierung von Vergehen erfolge aber nicht konsequent.
„Nicht zum Verkauf“
Vor diesem Hintergrund verwundern die Schilder auf Häusern und Grundstücken in Kampala mit der Aufschrift „not for sale“ auch nicht. Die Eigentümer schützen ihre Besitztümer damit, wenn sie nicht vor Ort sind.
So kommt es immer wieder vor, dass jemand ein leer stehendes Haus oder ein unbewohntes Grundstück verkauft, auch wenn es ihm nicht gehört. „Es gibt zwar ein Grundbuch, die Einträge können aber auch gekauft sein“, meint Kerschbaumer. Immer wieder hört sie von Fällen, in denen Menschen ein Haus mehrmals kaufen müssten, da unterschiedliche Eigentümer behaupten, es gehöre ihnen. Dennoch ist Kerschbaumer nicht pessimistisch. „Die Situation hat sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich verbessert“, sagt sie.
Der KURIER war auf Einladung von café + co in Uganda.