Wirtschaft

Wirtschaftsstandort Wien: Visionen ganz ohne Arzt ...

Es gibt auch gute Nachrichten für den Wirtschaftsstandort Wien: Österreicher sprächen besser Englisch und seien auch besser ausgebildet als die Deutschen, streut Seong Cho, seit Jänner neuer Präsident von Samsung Electronics Austria, dem Land Rosen. Der gebürtige Koreaner hat zwei Jahre lang in Deutschland gearbeitet und war kürzlich Gast bei „Bright Minds“, einem Forum von rund 50 hochkarätigen Managerinnen und Managern. Sie erarbeiten Forderungen für eine Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Wien und präsentieren diese der Politik. Die überparteiliche Initiative ging zu Jahresbeginn von KURIER, Format sowie Georg und Gabi Spiegelfeld (Immobilien-Makler) aus.

Der unglückselige Satz von Franz Vranitzky – „Wer Visionen hat, braucht einen Arzt“ – sei zerstörerisch gewesen und geistere noch immer in den Köpfen herum, glaubt Georg Spiegelfeld. „Aber Politiker brauchen Visionen!“ Das sei auch nötig, meint die Manager-Runde unisono, um den schleichenden Abschied vieler Headquarter aus Wien zu stoppen.

Was man sich wünscht: Firmen-Cluster, etwa im Bereich der Musik. Österreich beherbergt erstklassige Interpreten, doch könnte es sich auch bei der Musikproduktion das ehrgeizige Ziel setzen, Weltmarktführer werden. Oder Medizin: Einst hatte die Wiener Medizinische Schule Weltruf. Daran (und am neuesten technischen Stand) müsse man wieder anknüpfen. Auch in Sachen Holz ließe sich noch viel herausholen: Österreich ist ein Holzland, Tausende Jobs hängen daran, die Branche hat großes Zukunftspotenzial. Nutzen wir das für intelligente Produkte – etwa in Möbeldesign oder Architektur?

Anreize setzen

Insgesamt braucht Wien neue Leitbetriebe – die muss man aber auch anlocken, und sei es mit Steuervorteilen. Theoretisch gäbe es dafür sogar eine eigene Betriebsansiedelungsagentur namens ABA. Doch sie scheint sich im Dornröschenschlaf zu befinden – „ABA aufwecken“, lautet daher der Schlachtruf von Bright Minds. Auch für Start-ups sei, so der Tenor, das Klima nicht gründerfreundlich genug. Und nicht zuletzt verdiene auch das Handwerk eine Wiederbelebung.

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Wer über den Wirtschaftsstandort redet, darf auch eine intelligent(er)e Raumplanung nicht aus dem Auge verlieren. Hier werden Versäumnisse der Stadtpolitik angeprangert. Dazu lieferte Grün-Politiker Christoph Chorherr (Bild) in einer Bright- Minds-Sitzung Denkanstöße. Wichtig: Es muss beim Bauen auf eine bessere Nutzer-Durchmischung geachtet werden. Wohnen, Arbeiten, Freizeit sollte wieder häufiger an einem Ort stattfinden können. Öde Büro-Ghettos (wie das städtische Problem-Projekt Town Town in Wien Erdberg) funktionieren nicht und lassen die Stadt verkarsten. Kein Thema ist zu „klein“ für die Runde: „Die Wiener Taxis sind einfach nur peinlich“, hieß ein heftig beklatschter Satz aus einer Arbeitsgruppe. Fazit? Es gibt noch viel zu tun!

KURIER-Stadtgespräch: „Innenstadt – Museum und Goldene Meile?“ Mit Martina Salomon diskutieren Tarek Leitner (ORF), Christoph Stadlhuber (Signa-Holding), Gabriela Spiegelfeld (Bright Minds). Freitag, 3. Mai, 16.00–17.30 Uhr. Stadtfest Wien, Stadtbühne im Zelt. Eintritt frei. Zu den KURIER-Stadtgesprächen auf Facebook