Wirtschaft wächst kaum noch - WKÖ fordert Steuersenkung
Die EU-Kommission hat die Wachstumsaussichten für Österreich und die Eurozone abgesenkt. Österreichs Wirtschaft wächst 2020 um 1,4 Prozent, statt wie bisher prognostiziert um 1,5 Prozent. Im Euroraum wird das Wachstum 1,2 Prozent betragen. Die bisherige Prognose ging bisher von 1,4 Prozent Plus aus. Immerhin um 1,4 Prozent soll aber 2020 die Wirtschaft in der gesamten EU wachsen (so wie heuer).
Konjunkturmotor stottert.
Mit ein Grund für das eher flaue Wachstum ist, dass der europäischer Konjunkturmotor stottert. Heuer dürfte die deutsche Wirtschaft nur um 0,5 Prozent wachsen, im kommenden Jahr um 0,9 Prozent.
Für Österreich ist Deutschland nach wie vor Hauptexportland. 30 Prozent aller Ausfuhren gehen nach Deutschland. Weit abgeschlagen dahinter an zweiter Stelle rangieren dann die USA mit 7,1 Prozent. „Wir schauen mit Argus-Augen auf unseren wichtigsten Handelspartner Deutschland, der sich in einer angespannten wirtschaftlichen Lage befindet. Da Österreichs Wirtschaft eng mit der deutschen verflochten ist, ist es jetzt höchste Zeit zu handeln“, so Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer, anlässlich des gestrigen Konjunkturgipfels mit Vertretern der heimischen Wirtschaft aus allen Branchen
Mit Generalsekretär Karlheinz Kopf hat Mahrer fünf Forderungen zur Ankurbelung der heimischen Wirtschaft vorgelegt. Dazu gehört das Absenken von Steuern und Abgaben - und da würde der WKÖ das von der ÖVP-FPÖ-Regierung ausgehandelte Paket immer noch gut gefallen. So fordert die WKÖ unter anderem eine Senkung der Lohn- und Einkommensteuer in allen Tarifstufen, eine Senkung der Körperschaftssteuer von 25 Prozent auf 19 Prozent und eine Senkung der Lohnnebenkosten.
Das Programm sei "etwas, das man nicht einmal aus der Schublade holen müsste, sondern das schon am Tisch liegt", so Mahrer. Er könne sich vorstellen, dass es auch zur Grundlage bei Regierungsverhandlungen genommen wird. Auch das Volumen - fünf Mrd. Euro für alle angedachten Maßnahmen über die Legislaturperiode - sei immer noch "darstellbar", da damals schon ein moderater Abschwung eingerechnet worden sei. Die Einführung einer nationalen CO2-Steuer lehnen die WKÖ-Manager in Hinblick auf eine grüne Regierungsbeteiligung ab. „Ökosteuern müssen international geregelt werden“, so Mahrer.
Kopf ergänzte, dass eine Steuersenkung relativ rasch wirken würde und so auch den Binnenkonsum, einer der Faktoren für das Wachstum, stärken könnte. Rasch wirken könnte auch eine weitere WKÖ-Forderung, nämlich die Ankurbelung der Investitionstätigkeit. Mahrer und Kopf fordern konkret einen Investitionsfreibetrag in Höhe von 20 Prozent sowie zusätzlich einen Freibetrag von 30 Prozent für Investitionen, die einen ökologischen Mehrwert bringen.
Keine KESt bei grünen Anleihen
Abgesehen von einer Senkung der Steuern und Lohnnebenkosten hat die WKÖ auch die Punkte "Bürokratie abbauen", "Innovation fördern", "Bildung verbessern" in ihrem weitgehend bekannten Forderungskatalog angeführt. Neu sind laut Mahrer aber einzelne "Werkzeuge", um zu diesen Zielen zu kommen. So schlägt die WKÖ etwa eine Vernetzung des Kapitalmarktes mit Umweltprojekten vor. Wer etwa Klima-Anleihen zeichnet soll von der Kapitalertragssteuer befreit werden.
Von "Konjunkturnotmaßnahmen" wollen Mahrer und Kopf bei ihrem Forderungskatalog aber nicht sprechen. Die seien angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung nicht nötig, betonte Mahrer. Vielmehr handle es sich um "strukturell wirkende Verbesserungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen". Insbesondere sollte Österreich Klimaschutzmaßnahmen als Chance sehen und nicht als Kostenfaktor. "Österreichs Wirtschaft kann Klimaschutz und würde, wenn es intelligent gemacht ist, sogar davon profitieren", so der WKÖ-Präsident. Dazu dürfe man aber nicht auf Verbote setzen, sondern auf Anreize.
Unterstützung holte sich die WKÖ bei ihrem Konjunkturgipfel von Christoph Schmidt, Vorsitzender der deutschen Wirtschaftsweisen. Er wies in der gemeinsamen Pressekonferenz auf viele Parallelen zwischen deutscher und österreichischer Wirtschaft hin. Insbesondere seien in beiden Ländern viele strukturelle Fragen offen, so gebe es etwa Fachkräfteengpässe, die sich zuspitzen und "die nahelegen, dass wir offensiv auf Zuwanderung setzen müssen, um Fachkräfte anzuziehen".
Auch sei die Arbeitsproduktivität in beiden Ländern zurückgegangen, die Wirtschaftsdynamik gemessen in Gründungen und Schließungen von Unternehmen habe nachgelassen. Wissensintensive Dienstleistungen seien als Anteil der Wirtschaftsleistung in beiden Ländern kleiner als in den USA. "Daher sind wohl auch die Lösungen parallel zu sehen, insbesondere den Strukturwandel voranzutreiben, Innovationspolitik in den Mittelpunkt zu stellen oder die Öffnung für Investitionen aus dem Ausland."