Wirtschaft

Wifo: Österreichs Wettbewerbsfähigkeit knapp hinter oberem EU-Drittel

In seinem erstmals veröffentlichten "WIFO-Radar der Wettbewerbsfähigkeit" hat das Wirtschaftsforschungsinstitut die Stärken und Schwächen des Standortes Österreich untersucht und dabei nicht nur "harte" Wirtschaftskennzahlen wie BIP, Arbeitsproduktivität, reale Einkommen oder Arbeitslosenquote untersucht, sondern auch Zielgrößen wie Armut oder Umweltbelastung einbezogen. Im Vergleich mit 30 europäischen Ländern liegt Österreich dabei knapp hinter dem oberen Drittel.

"Wettbewerbsfähigkeit" definiert das Wifo dabei als "die Fähigkeit eines Wirtschaftssystems, nachhaltig hohe reale Einkommen zu schaffen und die sozialen und ökologischen Lebensverhältnisse unter fortlaufender Veränderung und Gestaltung der Rahmenbedingungen zu verbessern".

Für ihre im "WIFO-Radar der Wettbewerbsfähigkeit" zusammengefassten Befunde haben die Autoren Michael Peneder, Angela Köppl, Thomas Leoni, Peter Mayerhofer und Thomas Url 24 Indikatoren verglichen und dafür die letzten verfügbaren Daten herangezogen, also zumeist Daten aus den Jahren 2019 oder 2018. Das Ergebnis haben sie zu einem Vergleichswert zusammengefasst: 66,1 Prozent aller europäischen Vergleichsländer hatten gleiche oder ungünstigere Werte als Österreich. Vor drei Jahren hätte der mittlere Prozentrang 66,7 betragen, vor zehn Jahren 71,8 Prozent.

Besonders gut schneidet Österreich in der Dimension reale Einkommen, Produktivität und regionale Verteilung ab, mit einem mittleren Prozentrang von 76,3. Beim BIP pro Kopf in den Nicht-Metropolregionen belegt Österreich sogar auf den Spitzenplatz (Prozentrang 100).

Im Durchschnitt der Indikatoren zum Arbeitsmarkt und den sozialen Lebensverhältnissen gehörte Österreich mit einem Prozentrang von 58,9 nur zum Mittelfeld der Vergleichsländer. Dieser Wert wurde vor allem durch die relativ niedrige Beschäftigungsquote (in Vollzeitäquivalenten) und den relativ hohen Gender-Gap der Beschäftigungsquote gedrückt.

Die Kennzahl zur Beschäftigungsquote wird vor allem durch die relativ geringe Erwerbsbeteiligung der Älteren gedrückt. Ebenfalls negativ wirkt sich die hohe Teilzeitquote in Österreich aus. Die um die Arbeitszeit bereinigte Beschäftigungsquote der Frauen im Haupterwerbsalter war 2019 um rund 20 Prozentpunkte niedriger als jene der Männer. Dass sich viele Menschen gar nicht wünschen, bis ins hohe Alter oder Vollzeit zu arbeiten, spielt für die Bewertung keine Rolle.

Positiv ins Gewicht fielen die im europäischen Vergleich niedrige Quote der Armutsgefährdung, die niedrige Jugendarbeitslosigkeit und eine gleichmäßigere Verteilung der Einkommen.

In der Indikatorengruppe zum Einsatz natürlicher Ressourcen erreichte Österreich insgesamt einen Prozentrang von 62,3. Die hohe Abhängigkeit von Energieimporten und der geringe Anteil der Umwelttechnologiepatente belasten diesen Durchschnitt, während der relativ hohe Anteil erneuerbarer Energieträger und des Schienengütertransports die CO2-Bilanz verbessern und deshalb positiv bewertet werden.

Im Außenhandel gehörte Österreich mit einem durchschnittlichen Prozentrang von 68,8 zum oberen Drittel der Vergleichsländer. Am besten und stabilsten war Österreichs Position gemessen am Marktanteil an den Tourismusexporten mit einem Prozentrang von 83,8 vor dem Marktanteil an den weltweiten Warenexporten (67,7). Bezüglich des Leistungsbilanzsaldos lag Österreich knapp über dem europäischen Durchschnitt.