Wien: Mehr Billigflieger – trotzdem könnten Preise steigen
Von Simone Hoepke
Wer am 28. Juni von Wien aus in den Urlaub fliegt, kann sich auf viele Mitreisende einstellen. Mit 112.000 Passagieren rechnen die Flughafen-Manager zu Ferienbeginn, ein Rekordwert. Die Zahl der Fluggäste steigt das ganze Jahr über, in den ersten vier Monaten 2019 um 25 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2018.
Mit ein Grund dafür sind die vielen Billigflieger, die nach der AirBerlin-Pleite mit Kampfpreisen in Wien am Start sind. Mit 30 Prozent Marktanteil ist ihre Präsenz so groß wie nie zuvor. „Wir hatten Nachholbedarf, haben uns damit den europäischen Realitäten angenähert“, formuliert es Flughafen-Vorstand Julian Jäger.
Dass damit die Ticketpreise auf lange Sicht am Boden bleiben, bezweifelt er. „Wir werden bald wieder diskutieren, dass Fliegen zu teuer ist“, sagt Jäger im Klub der Wirtschaftspublizisten. Derzeit gibt es auf einigen Strecken Überkapazitäten, aber das werde sich bald ändern. „Wir reden hier ja von börsenotierten Konzernen, die Geld verdienen wollen, auch wenn sie derzeit Anschubverluste in Kauf nehmen.“ Marktschreierische Preise von 29 Euro pro Tickets relativiert er: „Zu dem Preis gibt es vielleicht drei Sitze pro Maschine. Mir ist es noch nie gelungen, um 30 Euro wohin zu fliegen, schon gar nicht mit Koffer.“
Für steigende Ticketpreise sorgen laut seinem Vorstandskollegen Günter Ofner auch die -Zertifikate, die Airlines kaufen müssen – zu immer höheren Preisen. Laut Ofner haben sich die Preise binnen zwölf Monaten verdreifacht. Er lehnt - und Kerosin-Steuern ab, da sie letztlich auf die Ticketpreise aufgeschlagen werden. Fliegen dürfe nicht wieder zum Luxusgut werden.
Lärmgebühr verdoppelt
Apropos Umwelt- und Anrainerschutz: Der Flughafen Wien kassiert ab 2020 von besonders lauten Flugzeugen 1000 Euro Lärmgebühr und damit doppelt so viel wie bisher. Die Einnahmen von elf Millionen Euro sollen jene Fluggesellschaften entlasten, die in moderne Flotten investieren.
Investiert muss laut den Flughafen-Vorständen in die Bahninfrastruktur werden. „Vor allem nach Osteuropa brauchen wir bessere Verbindungen.“ Es drohe ein Verkehrskollaps. „Wer in den vergangenen fünf Wochen zum Flughafen musste, hat ein Vorgeschmack darauf bekommen“, sagt Jäger mit Verweis auf die Folgen eines Brands im Tunnel Rannersdorf. Auch auf der Schiene gibt es keine freien Kapazitäten mehr, sowohl die S-Bahnen als auch der City Airport Train (CAT) in Richtung Flughafen seien voll, so Jäger, der auf einen Ausbau der Strecke drängt. „Das ist nicht über Nacht realisierbar“, müsse daher rasch angegangen werden. In den vergangenen zehn Jahren sei der Anteil jener Leute, die per Bahn zum Flughafen kommen, von 30 auf 50 Prozent gestiegen. „Das zeigt, dass das Angebot angenommen wird, wenn es da ist.“ Jäger rechnet heuer mit einem Passagierwachstum von zehn Prozent auf 30 Millionen.
Wizz Air baut Verbindungen aus
Dem Preiskampf der Billigflieger zum Trotz baut die ungarische Billigfluglinie Wizz Air ihre Flotte in Wien weiter aus. Ab Ende Oktober wird eine Strecke nach Moldawien aufgenommen, im Dezember folgen Verbindungen nach Oslo, Bremen, Neapel, Alicante und Porto. Das Ganze zu Kampfpreisen ab 14, 99 Euro (Bremen). „Wir sind die profitabelste Airline und haben geringere Kosten als die Ryanair“, wirbt Wizz-Air-Chef Jozsef Varadi bei einer Pressekonferenz in Wien. Die erst 2003 gegründete Fluglinie profitiert von einer modernen, einheitlichen Flotte, keinen Altlasten und günstigen Kosten, etwa weil (abgesehen von Wien) vorzugsweise Flughäfen abseits der Hauptstädte angeflogen werden, bei denen die Gebühren niedriger sind.
Mitte Dezember 2019 stationiert die Airline ein sechstes Flugzeug, einen Airbus A321, in Wien-Schwechat, rund 50 Mitarbeiter sollen zu den aktuell 180 aufgenommen werden. Und das alles, obwohl die Zeiten aus Sicht der Billigflug-Manager nicht gerade rosig sind. Infolge von Überkapazitäten sind die Preise im Keller, Varadi spricht von „einem Blutbad“ in Wien. Er rechnet damit, dass einige seiner Konkurrenten nicht mithalten werden können. „Ein Verlierer wird auch die AUA sein. Der Marktanteil von 44 Prozent ist nicht zu halten“, meint der Wizz-Air-Chef.
Zuletzt hat sich bereits abgezeichnet, dass Fluglinien wie Lauda oder Level ihr Wachstum auf Flughäfen wie Stuttgart oder Amsterdam verlagern.