Wirtschaft

Wie ungerecht ist Österreich jetzt wirklich?

Zuverlässige Daten über den Reichtum privater Haushalte sind rar gesät. Fast alle Analysen greifen auf eine Umfrage zurück, die die EZB 2010 erstmals durchführen ließ.

So auch die Arbeiterkammer. Sie kommt in einer Studie zum Schluss, die Netto-Vermögen (Immobilien, Autos, Wertpapiere abzüglich Kredite) seien nirgends im Euroraum ungerechter verteilt als in Österreich. Die reichsten zehn Prozent hielten 62 Prozent des Gesamtvermögens; allein das reichste Prozent 24 Prozent. Nur in Deutschland sei die Konzentration ähnlich hoch.

Bei der Schere Arm-Reich liege Österreich sogar ganz vorn. Der „Gini-Koeffizient“, der von 0 (alle haben gleich viel) bis 1 (einer hat alles) reicht, zeige einen Wert von 0,77. Das sei nicht nur ein moralisches Problem, sondern hemme auch das Wachstum, sagte AK-Experte Matthias Schnetzer. Er fordert eine höhere Vermögensbesteuerung und üppigere Lohnabschlüsse vor allem in Österreich und Deutschland.

Ärmer als Italiener

Die Ableitungen stehen allerdings auf recht wackeligen Beinen. Zwar nimmt die Ungleichheit tendenziell zu. Die EZB selbst rät aber zu großer Vorsicht bei Ländervergleichen. Laut derselben Umfrage wäre nämlich der typische Haushalt in Italien und Spanien reicher als in Österreich oder Deutschland.

Die Erklärung: Dort gibt es mehr Eigenheimbesitzer, bei uns mehr Mieter. Und: Der Österreicher zahlt viel Geld in die Sozialversicherung ein und erwirbt so Ansprüche – etwa für die Pension. Dieser „Reichtum des kleinen Mannes“ kommt in den Zahlen nicht vor. Berücksichtigt man die erwarteten Pensionenansprüche, sinke der „Gini-Wert“ auf 0,4, rechnet die Industriellenvereinigung (IV) vor.

Andererseits fehlen in den Daten auch die Superreichen, sprich die heimischen Milliardäre. Diese sind mit Umfragen naturgemäß kaum zu erreichen - was das Ergebnis aber wieder nach oben korrigieren würde. Ein realistischeres Bild liefert deshalb wohl die Einkommensverteilung: Da liegt Österreich auf Platz 8 von 15 Ländern.