Widerstand gegen Krankenkassen-Willkür
Von Anita Staudacher
Der IT-Unternehmer Peter Lieber fühlt sich von den Prüfern der Finanz und Krankenkasse regelrecht verfolgt. "In unserer Branche muss sich jeder Auftraggeber fürchten, der mit Freelancern arbeitet", erzählt er dem KURIER. Nach der Devise "im Zweifel für das Angestelltenverhältnis, egal was der Freelancer will oder ob er eh brav Einkommensteuer gezahlt hat" würden schon kleinste Indizien für eine Schein-Selbstständigkeit reichen, um Lohn- und Sozialabgaben nachzufordern. In der IT-Branche kommt es jedoch häufig vor, dass Spezialisten für die Dauer eines Projektes freiberuflich mit Gewerbeschein in ein Unternehmen eingebunden sind.
Und nicht nur dort. Auch in der Unternehmens- und Steuerberatung, der Erwachsenenbildung oder in der Immobilienbranche haben sich Ein-Personen-Unternehmen (EPU) etabliert. "Man kann doch nicht 250.000 Menschen zu Unternehmern machen und sie dann als potenzielle Angestellte verfolgen", ärgert sich Lieber, der selbst schon hohe Kassen-Nachforderungen hatte.
Schutz gegen Übergriffe
"Das Problem ist, dass die Kassen nicht nur ermittelnde Behörden sind, sondern auch in erster Instanz entscheiden, also quasi Ankläger und Richter in einem sind", sagt Ebner und fordert, dass jeder einzelne Fall schon erstinstanzlich vor einem Gericht landet. Weiters drängt er auf eine gesetzliche Klarstellung, dass jede Tätigkeit, für die ein Gewerbeschein nötig ist, auch selbstständig ausgeübt werden kann.
Johann Mersits von der Wiener Gebietskrankenkasse meint: "Wir haben einen Prüfauftrag und vollziehen die geltende Rechtslage." Bei den Kontrollen der Kassenprüfer würden nicht nur die Verträge, sondern auch das tatsächliche Abhängigkeitsverhältnis überprüft. Von konzertierten Aktionen gegen bestimmte Branchen könne keine Rede sein. "Wir haben im Vorjahr 26.000 Prüfungen durchgeführt, quer über alle Branchen." Die Ausbeute für die Kasse sei "sehr überschaubar" gewesen.
Allerdings: Für Betriebe, die zu Unrecht Schein-Selbstständige beschäftigen, könnten die finanziellen Nachforderungen "durchaus belastend" sein, so Mersits. Dies sei aber im Sinne eines fairen Wettbewerbs.