Warum Wohnungen in Wien um 26 Prozent überteuert sind
In den Ballungszentren werden mehr Wohnungen gebaut. Das ist gut, weil vor allem in Wien die Nachfrage nach Wohnraum deutlich gestiegen ist. Nach der Einschätzung der Experten bei einer Wohnbauveranstaltung der Arbeiterkammer werden allerdings Wohnungen gebaut, die sich die meisten Wohnungssuchenden nicht leisten können.
Fast 60 Prozent der Wohnungsneubauten in Wien sind frei finanziert. Der Rest ist geförderter Wohnbau. Laut Michael Gehbauer von der Wohnbauvereinigung für Privatangestellte können sich aber nur rund 20 Prozent der Bevölkerung eine frei finanzierte Wohnung leisten. Für den Rest der Bevölkerung sind sie zu teuer.
Die Botschaft, dass in Wien ohnehin genug Wohnungen gebaut werden, ist daher so nicht korrekt. Es fehlen nach wie vor leistbare Wohnungen. Bei Eigentumswohnungen um eine Million Euro hingegen hat man die gute Auswahl. Wer sich eine Wohnung in dieser Preislage leisten kann, legt dann auch mal schnell die geforderte Summe auf den Tisch.
Teuere Grundstücke
Einen wesentlichen Grund für die hohen Wohnungspreise in den Ballungszentren nennt die Arbeiterkammer: Die Grundstückspreise sind in Wien von 2008 auf 2018 um 114 Prozent gestiegen. Gebrauchte Eigentumswohnungen wurden im selben Zeitraum um 98 Prozent teurer.
Gemeinnützige Bauträger dürfen aber nur Grundstücke bebauen, die nicht teurer sind als 300 Euro/. Sie sind daher auf günstige Grundstücke angewiesen.
Zu einem ähnlichen Ergebnis wie Gehbauer kommt die Wohnbau-Expertin der Nationalbank, Karin Wagner. Das am Einkommen gemessen unterste Viertel der Bevölkerung gibt 50 Prozent oder mehr ihres Einkommens fürs Wohnen aus. Laut den Berechnungen der Expertin liegt der aktuelle Marktpreis der Wohnungen österreichweit um durchschnittlich 14 Prozent über dem errechneten realen Wert. Bei den Wohnungen in Wien sind die Preise sogar um 26 Prozent höher.
Muss man deshalb mit dem Platzen einer Immobilienblase rechnen? Wagner glaubt das nicht. Zum einen sind die Österreicher nicht gerne hoch verschuldet und außerdem sind die Zinsen für Kredite nach wie vor sehr niedrig. Weiters habe man in Österreich anders als in anderen EU Ländern nur eingeschränkt die Möglichkeit Investitionen in den Wohnbau von der Steuer abzusetzen.
Wagner hält es für vernünftig darüber nachzudenken, ob nicht mehr Mittel für die Wohnbauförderung zur Verfügung gestellt werden sollten. Derzeit gibt Österreich lediglich ein Prozent des BIP dafür aus. Das ist im internationalen Vergleich ein geringer Wert. Die Arbeiterkammer drängt schon länger auf einen deutliche Ausweitung des Neubaus von geförderten Wohnungen.
Leichte Entspannung
Man wird sehen, ob in Wien wegen der neuen Widmungskategorie für geförderten Wohnbau mehr günstige Grundstücke für Gemeinnützige zur Verfügung stehen. Diese Widmungskategorie gibt es erst seit dem Frühjahr 2019. Nationalbank-Expertin Wagner sieht eine leichte Entspannung am Wiener Wohnungsmarkt ab Ende des Jahres 2020.