Wirtschaft

Warum die Bienen wirklich sterben

Das Ende naht. "Stell dir vor, es gibt keine Äpfel mehr, keine Gurken, keine Zwetschken, keine Himbeeren, keine Marillen und keinen Honig", heißt es auf der Homepage der Grünen. "Klingt wie ein Endzeitszenario, ist aber drohende Realität."

Greenpeace, Global 2000 und die Grünen sind angetreten, um die Bienen vor dem Aussterben zu bewahren und so die Bestäubung von Obst und Gemüse sicher zu stellen. Deshalb müsse das befristete Verbot einer "besonders gefährlichen Pestizidgruppe", nämlich der Neonicotinoide, unbedingt aufrecht bleiben. Sie wollen die Pestizide in der Landwirtschaft deutlich reduzieren.

Die Hersteller von Neonicotinoiden hingen wollen das Verbot kappen. Unbestritten ist: Es geht um sehr viel Geld. Allein das Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel kostet einen mehrstelligen Millionenbetrag.

Zahlen und Fakten

Die Daten des Imkerbundes (www.imkerbund.at) zeigen, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen den hohen Schwankungen bei der Zahl der Bienenvölker in Österreich und dem Einsatz von Neonicotinoiden gibt. Von 1990 bis 2006 sank die Zahl der Bienenvölker deutlich. Die drei befristet verbotenen Neonicotinoide wurden erst in den Jahren 1995, 2002 und 2003 als Beizmittel für den Pflanzenschutz zugelassen.

Von 2006 bis 2012 gab es trotz des Einsatzes von Neonicotinoiden einen deutlichen Zuwachs an Bienenvölkern. Seit 2012 geht es trotz Auflagen bei der Anwendung der Pestizide wieder abwärts.

Im Vorjahr wurden nur noch 288.343 Bienenvölker gezählt. Das sind etwas weniger als 2006. Doch 2014 war der Einsatz von Neonicotinoiden bereits verboten. Es wurden auch keine Rückstände des Pflanzenschutzmittels in der Natur festgestellt.

Falsche Anwendung

Neonicotinoide können daher nicht der Auslöser für die massiven Schwankung bei der Bienenpopulation sein. Dass es – etwa bei falscher Anwendung – regional zur Schädigung von Bienenvölkern gekommen ist, wird niemand bestreiten.

Die eigentliche Ursache für die hohen Ausfälle ist der Bienenschädling Varroa-Milbe. Imker Fred Klockgether erklärt den Zusammenhang: " Die Restentmilbung im Winter wird mit Oxalsäure durchgeführt. Dafür braucht es Brutfreiheit, die nur bei längeren Frösten erreicht werden kann. Milde Winter verhindern eine wirkungsvolle Bekämpfung der Varroa-Milbe. Daher sind die Völker mit hohem Varroa-Druck ins Imkerjahr 2014 gestartet."

Der Bienenschädling kann auch im Sommer bekämpft werden. Doch das Risiko ist beträchtlich. "Man braucht sehr viel Glück, damit es funktioniert", berichtet Klockgether aus der Praxis.

Bei der Anwendung von Ameisensäure zur Milbenbekämpfung müssen mehrere Faktoren wie etwa Temperatur oder Luftfeuchtigkeit berücksichtigt werden. Auch gut geschulte Imker kommen mit der Anwendung von Ameisensäure nicht zurecht.

Klockgether war bereits im Juli 2014 klar, dass es wieder hohe Verluste geben wird. "Die meisten Völker waren schon Anfang November tot."

Der Imker betreut 30 Bienenvölker in Norddeutschland und berät den deutschen Pharma- und Chemiekonzern Bayer in Sachen Bienengesundheit.

Den Grünen wirft er vor, von Bienenzucht keine Ahnung zu haben. Der Vorschlag, robustere, unserem Klima besser angepasste Bienenvölkern zu züchten, "geht am Thema vorbei". In Europa werde vor allem mit der Carnika gearbeitet. "Diese Biene kommt aus Kärnten und ist optimal an die Witterungsverhältnisse angepasst."

Auch der Präsident des österreichischen Imkerbundes, Johann Gruscher, nennt Wetterkapriolen und die dadurch verursachten Probleme bei der Bekämpfung der Varroa-Milbe als Hauptursache für die hohen Schwankungen bei der Bienen-Population. Derzeit wird versucht, eine neue und effektive Methode zur Bekämpfung der Milbe anzuwenden.

Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter möchte, dass die Zahl der Bienenvölker auf 400.000 steigt. Dies werde "mehrere Jahre dauern", ist Gruscher überzeugt. Die Imker können nicht nur Ableger von Bienenvölkern anlegen, sondern müssen auch für die Honig-Herstellung sorgen.

Das Timing für die Kampagne war perfekt. Im September 2013 wurde ein neuer Nationalrat gewählt. Etwa ein halbes Jahr vorher haben Umweltorganisationen und die Grünen zur Rettung der Bienen aufgerufen. Wissenschaftliche Studien würden beweisen, dass die Anwendung von Neonicotinoiden für das „Bienensterben“ verantwortlich ist. Die süßen Honigbienen würden wegen schnöder Geschäftsinteressen dahingerafft.

Richtig zur Sache ging es bei der Sondersitzung des Nationalrates am 14. Juni 2013; Grüne, FPÖ, BZÖ und Team Stronach hatten einen Misstrauensantrag gegen den damaligen Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (VP) eingebracht. FPÖ-Klubobmann Heinz Christian Strache nannte Berlakovich einen „Lobbyisten der Giftindustrie“. Der „Pestizidminister“ sei ein „langjähriger Vollzugsgehilfe von Chemiekonzernen“ und vertrete „die Interessen von Konzernmonopolisten“. Strache hat nachgerechnet: „Wenn die Bienen aussterben, dann hat der Mensch noch höchstens vier Jahre überleben.“

Die Klubobfrau der Grünen, Eva Glawischnig, warf dem Minister vor, er argumentiere mit „Unwahrheiten, Halbwahrheiten und verdrehten Tatsachen“. Berlakovich wurde nach der Wahl von Andrä Rupprechter als Landwirtschaftsminister abgelöst.