Wahlkampf lässt Bullen und Bären ziemlich kalt
Von Christine Klafl
Mit strengeren CO2-Obergrenzen wollte die EU im Juni die Autoindustrie dazu zwingen, sich in Sachen Klimaschutz mehr anzustrengen. Dann kam Angela Merkel. Die deutsche Kanzlerin blockierte, die Abstimmung fand nicht statt. Merkel habe sich von der Klima- zur Auto-Kanzlerin gewandelt, warfen SPD und Grüne ihr umgehend vor. Eines kann dieses Beispiel jedenfalls zeigen: Die CDU mit ihrer Kanzlerin Merkel gilt als wirtschaftsfreundlicher als SPD und Grüne. Die Prognose so mancher Börsen-Propheten daher: Wird Merkel nach den Wahlen am 22. September erneut Kanzlerin, wird es mit den Aktienkursen in Frankfurt weiter nach oben gehen.
Wie vor jeder Wahl machen auch jetzt Tipps die Runde, welche Branchen von welcher Regierungskonstellation profitieren würden. Auto-, Stahl- und Chemieindustrie sowie Versicherungen sollen eher von einer CDU-Regierung profitieren. Bau, Energieversorger, aber auch IT und Telekom werden eher der SPD zugeschrieben. Unterm Strich steht allerdings etwas ganz anderes: „Für die Börsenkurse ist es viel wichtiger, wie sich die Wirtschaft entwickelt“, sagt Harald Egger, Veranlagungsexperte bei der Erste Sparinvest. Die deutsche Wirtschaft sei sehr international aufgestellt. Die Aktien der großen Konzerne, die im Frankfurter Leitindex DAX enthalten sind, würden viel mehr vom internationalen Geschäft beeinflusst als von nationaler Politik.
Auch wenn es nach Umfragen aussieht, dass die CDU die Nase weit vorne hat – an der DAX-Entwicklung ist der „Merkel-Effekt“ nicht ablesbar. Seit Jahresbeginn hat der Index um 10,6 Prozent zugelegt. Auf knapp zwölf Prozent hat es der Pariser Leitindex gebracht – unter Regierungsführung des Sozialdemokraten François Hollande. „Die Daten aus der globalen Wirtschaft sind für die Aktienkurse ausschlaggebend und nicht, welches Kasperle da vorne steht“, meint ein Börsianer respektlos.
Für Österreich sieht Bernd Maurer von der Raiffeisen Centrobank ebenfalls keine Notwendigkeit für Anleger, „sich wahlspezifische Positionierungen zu überlegen“. Die Begründung: Themen, die die Aktienkurse beeinflussen, kämen im Wahlkampf nicht vor. Börsenrelevant könnte aber dann sein, wenn sich Parteien in Koalitionsverhandlungen bestimmten Themen widmen – etwa der künftigen Energiepolitik.