Wirtschaft

VW-Skandal: Winterkorn wusste früher Bescheid

Am 18. September 2015 wurde der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen des VW-Konzerns öffentlich. Aber nicht seitens des Autobauers, sondern durch eine Mitteilung der US-Umweltschutzbehörde. Der Konzern und sein damaliger Chef Martin Winterkorn mauerten zunächst. Erst vier Tage später informierten sie selbst über die Ermittlungen. Winterkorn trat einen weiteren Tag später zurück. Er bestritt ein Fehlverhalten, das Thema sei im Vorstand bis zu diesem Zeitpunkt keines gewesen. Doch jetzt sind interne Papiere aufgetaucht, die diese Aussagen widerlegen.

Das Handelsblatt zitiert aus zwei Dokumenten vom Mai 2014, in denen Winterkorn über den Verstoß gegen US-Abgasvorschriften berichtet wird. Verfasst wurden sie von Frank Tuch, dem Leiter der Qualitätssicherung, und Bernd Gottweis, Leiter des Ausschusses für Produktsicherheit. Tuch schlug in dem Schreiben Alarm: "Bei Real Driving Emission Tests (RDE) in den USA wurden die Stickoxid-Grenzwerte deutlich überschritten – um den Faktor 15 bis 35." Die Behörden erwarteten eine entsprechende Kommentierung, die VW-Aggregateentwicklung habe deshalb eine Arbeitsgruppe gegründet.

Wochenendkoffer

Das Schreiben erhielt Winterkorn laut Bericht in seinem "Wochenendkoffer" Ende Mai 2014. Damit wurden Chefsachen übermittelt. Auch die Gottweis-Notiz sei enthalten gewesen. Dort sei explizit von einem "Defeat Device" die Rede, also einer illegalen Abschalteinrichtung, nach der die US-Behörden vermutlich suchen würden.

Laut Handelsblatt verfügte das Landgericht Stuttgart nun, dass VW die beiden Dokumente offenlegen muss. Der Konzern wollte sich zu dem Bericht nicht äußern.

Haftung

Sollte sich bewahrheiten, dass Winterkorn bzw. der Vorstand 16 Monate vor Auffliegen der Affäre informiert war, dann droht Winterkorn Ungemach. Der Aufsichtsrat muss Winterkorn für den Milliardenschaden haftbar machen. Noch erhält er eine üppige Firmenpension von geschätzt 3100 Euro am Tag.

Problematisch wird es aber auch für VW selbst. Sollte der Konzern wirklich zu spät die Aktionäre informiert haben, können Klagen auf Entschädigung wegen des Kursverlustes von 40 Prozent durchaus erfolgreich sein.