Wirtschaft

Vom Millionen-Banker zum Konkursfall

Am 8. Mai war es vorbei mit der Freiheit: Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer musste seine Haft antreten. Seine Hoffnung, nochmals einen Haftaufschub wegen einer komplizierten Schulterverletzung zu bekommen, wurde vom OLG Graz abgeschmettert. 17 Tage seiner Haft hat Ex-Hypo-Vorstand Kulterer (60) nun hinter sich. Ein Marathon von 2355 Tagen (insgesamt 6,5 Jahre wegen Untreue in drei Prozessen) hinter Gittern steht ihm noch bevor. Noch versucht der Ex-Banker in der Justizanstalt Klagenfurt, sich an den kargen Haft-Alltag zu gewöhnen. Kein Handy, kein Internet, im ersten Jahr wird kein Ausgang gewährt, nur ein Mal pro Woche darf er für 30 Minuten Besuch empfangen, gemeinsames Duschen, spätestens um 16 Uhr schließen die schweren Eisentüren – dann beginnt die große Einsamkeit. Das ist jedoch nur eine Übergangslösung. "Erst in den nächsten vier bis acht Wochen wird entschieden, in welche Justizanstalt Herr Kulterer überstellt wird, wo er dann seine gesamte Haft verbringen wird", so Kulterers Vertrauensanwalt Ferdinand Lanker. Der Ex-Hypo-Chef möchte zur Ablenkung viel Sport machen und vielleicht ein Buch schreiben – so seine Pläne für die Haft vor dem Antritt.

Hypo will Geld eintreiben

In den nächsten Wochen steht Kulterer noch eine weitere schwere Entscheidung bevor: Er ist de facto pleite und will Privatkonkurs anmelden. Mit dieser Nachricht ließ Anwalt Lanker beim Hypo-Zivilprozess am Mittwoch aufhorchen. Sein finanzieller Polster – offiziell hat Kulterer in seiner 15-jährigen Amtszeit rund fünf Millionen Euro netto verdient (inklusive rund 820.000 Euro Aufsichtsratsprämien) – ist aufgebraucht. Das Wasser steht Jörg Haiders Banker, wie Kulterer früher gerne bezeichnet wurde, bis zum Hals. Denn die Liste der finanziellen Forderungen an Kulterer ist lange: So fordert die Hypo 50 Millionen Euro von ehemaligen Eigentümern und Managern zurück, die 2008 als Sonderdividende ausgezahlt wurden. Mit 10 von 13 Beklagten ist die Bank auf einem guten Weg, sich außergerichtlich zu einigen. Dazu zählt aber nicht der Ex-Hypo-Chef. "Denn ein Vergleichsangebot ist sinnlos. Herrn Kulterer trifft keine Haftung, und da er in den nächsten Jahren in Haft ist, kann er auch kein Geld verdienen. Eine Forderung würde auch zur Zahlungsunfähigkeit führen", erklärt Lanker.

Der zweite gewaltige Kostenpunkt: Über drei Millionen Euro investierte der Ex-Hypo-Chef in seine Verteidigung. Allein im letzten Jahr zahlte er eine Million für Gutachten von Sachverständigen und seine Anwälte. Beim letzten Prozess wegen Untreue in der Causa Vorzugsaktienverkauf 2006 musste sich Kulterer Geld bei seinen Freuden ausleihen.

"Meine Substanz ist verbraucht"

Zusätzlich versucht die Hypo, zwei Millionen Euro einzutreiben. Das Geld wurde der Bank im Prozess rund um die Styrian-Spirit-Fluglinie zugesprochen. "Alles was ich mir in den letzten Jahren aufgebaut habe, musste ich verkaufen oder werde es noch veräußern, weil ich sonst die laufenden Kosten nicht abdecken kann. Meine Substanz ist verbraucht, ich bin finanziell am Ende," meinte Kulterer schon im letzten Herbst in einem KURIER-Interview.

Einer der prominenten Käufer etwa von Kulterers Gutsflächen am Muraunberg war Waffenproduzent Gaston Glock. Sein kleines Reitgestüt verkaufte er an Erich Schumach, den langjährigen Stiftungsvorstand von Glock.

Aber: Kulterer sind noch 75 Hektar im Klagenfurter Umland zuzurechnen. Diese belegte er bereits 2008 mit einem Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten seiner betagten Eltern. Ihnen gilt Kulterers größte Sorge, der keine Kinder hat. "Für meine Eltern ist das natürlich eine Katastrophe. Ich tue alles, dass sie daran nicht zerbrechen."