Volkswagen ist auf Sparkurs unterwegs
Autokäufer sind es mittlerweile gewöhnt, aus unzähligen Modellvarianten und Ausstattungsdetails auszuwählen. Dieser Variantenreichtum ist in den vergangenen Jahren dermaßen ausgeufert, dass Europas größter Autokonzern Volkswagen nun hier auf die Bremse steigt. Grund sind die zu hohen Kostenbelastungen.
"Wir streichen Modelle, die nicht mehr zur Nachfrage und zu unseren Renditeerwartungen passen", sagte Vorstandschef Martin Winterkorn auf der Bilanzpressekonferenz gestern, Donnerstag, in Berlin. So schrumpft der Markt für 2-Türer im Kompaktsegment rasant. Als Folge könnte der Polo künftig nur noch als 4-Türer gebaut werden. Alleine dadurch würde sich VW einen dreistelligen Millionenbetrag ersparen. Auch der Beetle könnte auslaufen, was Winterkorn aber nicht bestätigen wollte.
Weiters sollen nur noch Ausstattungsvarianten angeboten werden, die eine Einbaurate von mehr als fünf Prozent haben. Und nicht zuletzt sollen die Pakete von Extras und Sonderaustattungen neu gestaltet werden – mit der Hoffnung, mehr einzunehmen. Unterm Strich sollen diese und andere Maßnahmen alleine heuer eine Milliarde Euro bringen, bis 2017 soll es alleine bei der Marke VW einen Effekt von fünf Milliarden geben.
Denn insbesondere die Kernmarke VW schwächelt. Nicht nur in den USA, sondern auch in Russland, so dass hier das operative Ergebnis um 417 Millionen sank. Alle anderen Pkw-Marken des Konzerns entwickelten sich hingegen nach oben. Von jedem verkauften VW bleiben vor Steuern nur 2,5 Prozent. Mittelfristig sollen es sechs Prozent sein.
Wechselkurseffekte brachten dem Konzern ein Minus von 80 Mio. Euro. Zwar gibt es positive Auswirkungen bei Dollar und britischem Pfund, doch der russische Rubel und Währungen anderer Wachstumsmärkte hinterließen stark negative Spuren.
Im Vorjahr flossen 11,5 Milliarden in Forschung und Entwicklung, eine ähnliche Summe ist für heuer geplant. Die Zukunftsfelder lauten neben E-Mobilität auch automatisiertes Fahren sowie Digitalisierung. "Bis 2020 wollen wir jedes unserer neuen Autos mit Internetzugang anbieten", sagte Winterkorn.
BMW
Mitbewerber BMW steigerte im Vorjahr den Gewinn um 9,2 Prozent auf 5,8 Mrd. Euro und den Umsatz um 5,7 Prozent auf 80,4 Mrd. Euro. Die Dividende soll auf den Höchstwert von 2,90 Euro je Stammaktie klettern.
Der Österreicher Christian Klingler, seit 2010 im VW-Vorstand für Vertrieb zuständig und Aufsichtsratschef des Salzburger Autohändlers Porsche Holding, sagt im KURIER-Gespräch über
neue Konkurrenz durch Autos von Apple, Google und Co. Es gibt künftig andere Wettbewerber als bisher. Wir sehen diese nicht abgehoben, sondern sehr ernsthaft. Wir halten diese zusätzliche Dynamik im Markt für nicht schlecht und sind extrem interessiert an deren Entwicklungen.
die osteuropäischen Märkte Der russische Markt schlägt generell stark aus, jetzt befindet er sich mit 40 Prozent im freien Fall. In anderen Ländern wie Polen oder Rumänien ist die Entwicklung positiv. Die Krise in der Ukraine strahlt nicht auf die Nachbarländer aus, da sie sehr stark mit Russland verbunden ist.
die Schwächen auf dem US-Markt VW hat in den letzten fünf Jahren den Marktanteil verdoppelt, 2015 und ‘16 werden wir aber nicht wachsen. Erst mit den neuen Modellen Ende 2016.
fehlende Angebote von VW beim Carsharing Wir waren einer der Ersten, die Carsharing – in Hannover – angeboten haben und sind auch an einem Anbieter in den Niederlanden beteiligt. Wir werden mit einem Angebot kommen, wir überlegen aber gut, so dass das Geschäftsmodell auch nachhaltig ist. Die ersten Anbieter beginnen schon zu husten, zu denen wollen wir nicht gehören.
die Spekulationen, Nachfolger von Konzernchef Winterkorn zu werden Das hat der Aufsichtsrat zu entscheiden.