Wirtschaft

Venezuela: Wenn ein Liter Vollmilch zum Luxusgut wird

Milchprodukte? Gibt es fallweise. Kosmetikartikel? Selten. Die Versorgungslage in Venezuela wird immer schwieriger, lange Warteschlangen gehören zum Alltag. "Ein Liter Vollmilch kostet drei US-Dollar. Wenn es welche gibt", schildert Alexander Solar aus dem Außenwirtschaftszentrum in Caracas. Unerschwinglich für Normalverdiener.

Die Inflationsrate wird gar nicht mehr berechnet, geschätzt sind es 500 Prozent Teuerung. Während die Regierung den Ärmsten mit Billig- und Gratis-Lebensmitteln das Überleben sichert, trifft es den Mittelstand hart. Die Menschen leben vom Ersparten. "Besonders traurig ist: Viele Junge wandern nach Kolumbien, Panama und Ecuador aus", sagt Solar.

Reichtums-Paradox

Venezuela gilt als Land mit den größten Ölreserven. Darüber hinaus gibt es seltene Erden, die für Hightech-Produkte gefragt sind. Dennoch wandelt der Staat am Rande der Pleite. Schuld sind der gesunkene Ölpreis, Unvermögen und Korruption. Venezuela hat kaum in seine Produktionsanlagen investiert, die Privatwirtschaft wurde klein gehalten. Staatliche Raffinerien sind nur zur Hälfte ausgelastet, weil sie nie gewartet wurden.

Am Dienstag warnte der staatliche Ölkonzern PDVSA, der 150.000 Menschen beschäftigt, sogar vor der Pleite. So soll Druck auf Geldgeber gemacht werden, einen Schuldenumtausch zu akzeptieren. Es geht um rund 4,8 Mrd. Euro. "Sie werden versuchen, die Auslandsschulden zu bedienen", glaubt Solar. Dafür fehlt das Geld an allen anderen Ecken und Enden.

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Der sozialistische Präsident Nicolás Maduro hat vor Monaten den Ausnahmezustand verhängt. Er stemmt sich vehement gegen Versuche der Opposition, ihn absetzen zu lassen. Bis zu den Präsidentschaftswahlen Ende 2018 wird sich das Patt nicht lösen, befürchtet Solar.

Der Handel mit Österreich ist massiv zurückgegangen. Prestige-Projekte gibt es dennoch. Doppelmayr hat heuer eine 12,4 -Kilometer-Seilbahn auf den Pico Espejo (4765 m) in Mérida fertiggestellt – andere Seilbahnprojekte für den öffentlichen Verkehr laufen nun langsamer an. Das Potenzial etwa für die Kunststoffindustrie oder Maschinenlieferanten wäre enorm. Deshalb bleibt Österreichs Vertretung vor Ort: Man will dabei sein, wenn es aufwärts geht.