US-Aktivistinnen warnen vor TTIP
Von Anita Staudacher
Kritik an TTIP, dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA, muss nicht anti-amerikanisch sein. Auch in den USA erwarten Umwelt-, Konsumentenschutz- und Arbeitnehmerorganisationen vor allem negative Auswirkungen. Die Grünen luden drei der bekanntesten US-Kritikerinnen in Sachen TTIP, Thea Lee, Sharon Treat und Melinda St. Louis, zum Meinungsaustausch nach Wien.
De-Regulierung
Alle drei lassen kein gutes Haar am Freihandelsabkommen. "Die US-Multis wollen in Europa genau das, wovor sich die Menschen hier fürchten", argumentiert die Gewerkschafterin Lee, "Umwelt- und Sozialstandards senken und die Regulierungen aushebeln". Das Match laute nicht "USA gegen EU" sondern vielmehr "globale Multis gegen klein- und mittelständische Wirtschaft".
Umweltaktivistin Sharon Treat fürchtet eine Ausbreitung des Gentechnik-Anbaus in Europa. Bei den Agrarverhandlungen ziehe der Saatgut-Riese Monsanto die Fäden. "Und ich weiß genau, was Monsanto auf der ganzen Welt will, so wenig Gen-Anbau-Verbote wie möglich." Die in Europa viel kleiner strukturierte Landwirtschaft gerate weiter unter Druck. Konsumentenschützerin St. Louis kritisiert, dass die Bevölkerung von den Verhandlungen ausgesperrt ist. Auch in den Medien sei TTIP kein großes Thema.
Joblüge
Den Versprechungen, dass TTIP Hunderttausende Arbeitsplätze in Europa schaffen werde, können die Aktivistinnen nicht viel abgewinnen. Beim Freihandelsabkommen mit Mexiko seien sie „zu 100 Prozent falsch“ gewesen, so Lee, die auf eine zunehmende Prekarisierung des US-Arbeitsmarktes verweist. „Um überleben zu können, haben manche Amerikaner heute zwei bis drei Jobs.“
Auch den umstrittenen Investorenschutz und außergerichtliche Schiedsgerichte halten die US-Aktivistinnen „für komplett unnötig“, da die Rechtssysteme ohnehin gut funktionieren würden. Der Handel zwischen USA und EU könne auch ohne TTIP angekurbelt werden. Obwohl die US-Regierung den Amerikanern stets versichere, es müssten bei TTIP nur noch Details verhandelt werden, halten die Aktivistinnen einen Abschluss vor Ende der Ära Obama im nächsten Jahr für höchst unwahrscheinlich.