UNIQA droht Verlust, Dividende wird gedrittelt
Von Andrea Hodoschek
Österreichs zweitgrößter Versicherungskonzern ist für die nächste Zukunft skeptisch und beschloss am Dienstag ein einschneidendes Maßnahmenpaket. „Nach Gesprächen mit der europäischen und der nationalen Aufsicht, Gesundheitsbehörden, Regierungsmitgliedern und Wirtschaftsforschern rechnen wir nicht damit, dass es vor dem zweiten Quartal 2021 eine flächendeckende Impfung gegen das Corona-Virus geben wird“, sagt UNIQA-Chef Andreas Brandstetter im Gespräch mit dem KURIER.
Daher erwartet die in 17 Ländern tätige Unternehmensgruppe erst für 2023/24 eine signifikante Erholung der Wirtschaft in Europa. Die Krise werde nicht spurlos an Österreich vorbeigehen. Die UNIQA korrigiert ihre Ergebnispläne daher drastisch nach unten. Nach einem Rekordjahr 2019 mit einem operativen Gewinn von knapp unter 300 Millionen Euro könnte der Konzern heuer im Gesamtjahr sogar einen Verlust einfahren. Das erste Quartal 2020 war mit einem EGT von 20 bis 30 Millionen Euro bereits negativ, weshalb eine Gewinnwarnung ausgegeben wurde. Zum Vergleich: Im Vorjahresquartal gab es ein positives Ergebnis von 42,3 Millionen Euro.
Ausschlaggebend dafür sind die krisenbedingt eingebrochenen Veranlagungsergebnisse sowie eine deutliche Steigerung der Versicherungsleistungen. Das Neugeschäft hat sich um rund 50 Prozent reduziert, „die Menschen haben derzeit andere Sorgen, als neue Versicherungen abzuschließen “ (Brandstetter).
Schadensbilanz
Die Corona-Krise wirkt sich einerseits mildernd auf die Schadensbilanz von Versicherungen aus - weniger Verkehrsunfälle, weniger Freizeit- und Sportunfälle sowie weniger Arztbesuche.
Andererseits werden hohe Schadenersatz-Zahlungen für abgesagte Veranstaltungen fällig, im Kultur- ebenso wie im Sportbereich und Leistungen für Betriebsunterbrechungen. Insgesamt, schätzt Brandstetter, fällt die Leistungsbilanz derzeit um 150 Millionen Euro schlechter aus als vor der Krise.
Kfz-Zulassungsstellen
Die Zulassungsstellen sind seit Dienstag wieder geöffnet, unter Einhaltung strengster Sicherheitsvorkehrungen.
Maßnahmenpaket
Der Vorstand beschloss nun, die für das Rekordjahr 2019 geplante erhöhte Dividende von 54 Cent je Aktie auf 18 Cent zu dritteln. Man wolle die Dividende aus Rücksicht auf die Kleinanleger nicht komplett streichen, argumentiert Brandstetter. Die für die Ausschüttung der Dividende erforderliche Hauptversammlung wird wie geplant am 25. Mai stattfinden, allerdings virtuell. Für 2020 wird keine Dividende ausgeschüttet, die Vorstandsboni werden ebenfalls gestrichen.
Bis dato hat UNIQA keine Kurzarbeit angemeldet, auch Kündigungen sind derzeit unter den insgesamt knapp 13.000 Mitarbeitern, davon 6000 in Österreich, nicht geplant. Allerdings mit der Betonung auf „derzeit“. Er könne solche Maßnahmen nur kurzfristig für die nächsten Wochen ausschließen, nicht langfristig, schränkt Brandstetter ein. Es sei noch zu früh, um längerfristige Prognosen zu stellen. Brandstetter hatte bereits im Februar bei der Bilanzpresse-Konferenz betont, die Kosten seien die „Achillesferse“ der UNIQA. Derzeit sind rund 95 Prozent der Belegschaft im Home-Office.
Privatpensionen gesichert
An die Versicherten verteilt Brandstetter jedoch eine Beruhigungspille. Es werde keine Einschränkungen bei den Leistungen geben, auch die Privatpensionen würden trotz der Verwerfungen auf den Kapitalmärkten nicht gekürzt.
Die UNIQA verfüge nach wie vor über eine „ungebrochen starke Eigenkapitalquote“, versichert Brandstetter. Die Solvenzquote, der wichtigste Indikator für die Kapitalstärke einer Versicherung, lag im Vorjahr auf dem europäischen Spitzenwert von 216 Prozent. Derzeit steht die Quote immer noch bei 180 bis 185 Prozent. „Keine Frage, wir werden alle Verpflichtungen gegenüber unseren Kunden einhalten“, beteuert der UNIQA-Boss. Er schließt Corona-bedingte Prämienerhöhungen aus.
Kulanz
Geraten Kunden krisenbedingt mit ihren Prämien Zahlungsprobleme, verspricht Brandstetter Kulanz. Man werde sich sowohl für Privat-als auch für Firmenkunden um Einzellösungen bemühen, wie etwa Prämienstundungen.
Übernahme wird durchgezogen
Die geplante Übernahme der AXA in Osteuropa will Brandstetter trotz der Corona-Krise durchziehen: „Unsere Kapitalposition ist so stark, dass wir uns das trotzdem leisten können“. Die UNIQA will die Töchter des französischen Versicherungskonzerns in Polen, Tschechien und der Slowakei um eine runde Milliarde Euro Kaufpreis übernehmen.