Wirtschaft

Ukraine: Ex-OMV-Chef Roiss teilt kräftig gegen "Putin-Versteher" aus

Der ehemalige OMV-Chef Gerhard Roiss teilt kräftig gegen "Putin-Versteher" hierzulande aus. Österreich und die OMV sei von einer Gruppe von Leuten gezielt in eine Abhängigkeit von Russland gelenkt worden. "Diese Leute haben ihre eigenen finanziellen Interessen über jede Moral gestellt", sagte der dem profil. Die große Abhängigkeit vom russischen Gas, wie sie aktuell der Fall ist, hätte nicht sein müssen.

"Wir waren auch auf einem vielversprechenden Weg. 2012 hatten wir im Schwarzen Meer vor Rumänien den größten Gasfund in der Geschichte der OMV verzeichnet", führt er als Beispiel das Projekt "Neptun" an. "Meine Annahme war, dass wir mit Neptun künftig jährlich rund drei Milliarden Kubikmeter Gas nach Österreich liefern können. Das hätte etwa ein Drittel des Jahresbedarfs gedeckt", rechnet Roiss vor.

Doch es kam laut seinen Aussagen anders. "Die OMV sollte Basis dafür sein, die wechselseitigen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Russland zu vertiefen. Der OMV-Konzern sollte als eine Art Schrittmacher dienen. Da wurde kräftig lobbyiert", so Roiss.

"Kein Kommentar" zu Wolf

Zuständig für den Staatsanteil von 31,5 Prozent an der OMV war die damalige Staatsholding ÖIAG (nun ÖBAG). Angesprochen auf den seinerzeitigen ÖIAG-Aufsichtsratsvorsitzenden Siegfried Wolf mit besten Kontakten nach Russland, sagte Roiss zum profil: "Erwarten Sie bitte von mir keinen Kommentar zu diesem Herrn." Das gleiche gelte auch für den russischen Staatschef Wladimir Putin.

Wolf hat umgehend auf die Aussagen von Roiss reagiert und rechtliche Schritte angekündigt. Er werde zu allen Sachverhalten "insbesondere zum persönlichen und ehrenrührigen Rachefeldzug von Herrn Roiss zum richtigen Zeitpunkt entsprechend Stellung nehmen".

"Über Aktivitäten der OMV entschied einzig und allein der Vorstand der OMV und musste diese Entscheidungen von seinem eigenen Aufsichtsrat beschließen lassen, dem ich nie angehört habe. Ich habe auf Entscheidungen, welche Gas- oder andere Energie-Quellen die OMV erschließt oder woher die OMV ihr Gas oder ihr Öl bezieht nie direkt oder indirekt Einfluss ausgeübt", so Wolf in einer Presseaussendung.

"Generelles Problem"

Eigentümervertreter für die Interessen Österreichs an dem Wiener Öl- und Chemiekonzern ist der jeweilige Finanzminister. Das war zwischen 2014 und Ende 2017 Hans Jörg Schelling (ÖVP), der laut profil nach seinem Ausscheiden aus der Politik einen Beratervertrag beim russischen Gaskonzern Gazprom hatte. Dazu Roiss: "Hier zeigt sich ein generelles Problem, das in den vergangenen fünf, sechs Jahren sichtbar wurde - die enge Verzahnung von Politik und Wirtschaft. Wir haben nun nicht mehr nur Oligarchen aus dem Osten, wir haben längst auch kleine Austro-Oligarchen."

Roiss stand von 2011 bis 2015 an der Spitze des teilstaatlichen, börsennotierten Konzerns, sein Abgang erfolgte nicht ganz freiwillig, mittlerweile investiert er in Start-ups.