Wirtschaft

Türkei leidet immer stärker unter dem Verfall der Lira

Aus Sorge über die Inflation in der Türkei hat die Ratingagentur Standard & Poor's ihre Bonitätsnote für das Land überraschend gesenkt. Sie werde von BB/B auf BB-/B nach unten korrigiert, teilte das US-Unternehmen am Dienstag mit. Der Wert vor dem Schrägstrich gilt als langfristiges Rating, jener danach als kurzfristiges.

Die Änderung erfolgte laut S&P nicht im Rahmen einer turnusmäßigen Überprüfung, sondern ist Ausdruck wachsender Sorgen. Mit dem Verfall der türkischen Lira werde es für Unternehmen schwieriger, in Fremdwährungen aufgenommene Schulden zurückzuzahlen, erklären die S&P-Experten.

Druck aus der Politik

Dies wirke sich auch auf die Staatsschulden negativ aus, von denen 40 Prozent in anderen Währungen aufgenommen worden seien. Darüber hinaus sei die Zentralbank der Türkei zunehmend dem Druck der Politik ausgesetzt. Die Währungshüter erwarten nach eigenen Angaben in diesem Jahr eine Teuerungsrate von 8,4 Prozent. Mittelfristig liegt das Ziel bei fünf Prozent.

S&P hatte türkische Staatsanleihen schon bisher als Ramsch eingestuft. Damit fallen sie für viele Investoren wie bestimmte Fonds als Anlage aus. Eine Herabstufung der Bonitätsnote könnte nun die Zinskosten für die Regierung weiter verteuern.

Konflikt mit Erdogan

Die türkische Zentralbank riskierte vor zwei Wochen sogar eine Konfrontation mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, als sie angesichts einer hohen Inflation ihre Bereitschaft zu Gegenmaßnahmen signalisierte. Ende April erhöhte sie dann auch tatsächlich einen wichtigen Zinssatz – jenen für Hauptrefinanzierungsgeschäfte – um 75 Basispunkte von 12,75 auf 13,50 Prozent. Ökonomen hatten eine Erhöhung um 50 Basispunkte erwartet.

Erdogan drängt seit längerem darauf, zur Ankurbelung der Konjunktur die Zinsen zu senken. Experten zufolge müsse die Zentralbank die Geldpolitik aber straffen, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Höhere Zinsen machen eine Währung attraktiver und lassen sie tendenziell aufwerten, was wiederum Importe verbilligen und so die Inflation dämpfen kann.

Nachdem es 2016 mit der türkischen Wirtschaft kontinuierlich bergab ging, folgte im Vorjahr eine spürbare Erholung, heißt es seitens des Internationalen Währungsfonds (IWF). Konsum und Investitionstätigkeiten verbesserten sich, auch die Exporte legten deutlich zu. In der zweiten Jahreshälfte 2017 stiegen jedoch auch die Importe wieder stark an und dämpften die Exportüberschüsse, die ein wesentlicher Wachstumstreiber waren.