Wirtschaft

Trotz AAA-Verluste: Günstige Milliarden eingesammelt

Angekündigte Katastrophen finden in der Regel nicht statt. Jüngste Beispiele: Das Zurückstufen der Kreditwürdigkeit von neun Euro-Staaten sowie des Rettungsschirms EFSF werde zur Folge haben, dass die Zinsen für frisches Geld in die Höhe schießen, wurde befürchtet. Stimmt aber gar nicht. Die Schuldenkrise in Europa bremse die globale Konjunktur und stürze etliche Länder in eine schmerzliche Rezession, hieß es. Auch das scheint sich nicht zu bewahrheiten.

Anleihen

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Am Dienstag, just einen Tag, nachdem die Ratingagentur S&P ihm die Topbonität AAA aberkannt hatte, trat der Rettungsfonds EFSF an, um sich Geld von Investoren auszuborgen und es an Krisenländer wie Irland und Portugal weiterzureichen. 1,5 Milliarden Euro für eine Laufzeit von sechs Monaten sollten es sein. Ein Vielfaches davon hätte EFSF-Chef Klaus Regling einsammeln können, denn die Nachfrage war enorm. An Zinsen muss Regling nur 0,266 Prozent locker machen. Das ist sogar weniger als die derzeitigen Renditen jener Drei-Monats-Papiere, die der EFSF im Dezember ausgegeben hatte.

Der EFSF war im Frühjahr 2010 aus dem Boden gestampft worden. Mit der Garantie der Euroländer im Rücken nimmt er Geld auf, um damit Länder zu versorgen, die sich allein nur zu astronomischen Zinsen verschulden könnten. Für hoch verschuldete Länder, die auf den Fonds angewiesen sind, ist es daher besonders wichtig, dass der EFSF günstig an frisches Geld kommt.

Einen Lichtblick gab es am Dienstag auch für das hoch verschuldete Spanien (das sich noch ohne Hilfe finanziert): Insgesamt 4,88 Milliarden Euro konnten die Spanier durch die Ausgabe neuer Anleihen einnehmen. Die Rendite für 12-Monats-Papiere lag bei 2,05 Prozent. Das waren um ganze zwei Prozentpunkte weniger als bei der Anleihenausgabe davor. Bei 18-Monats-Papieren sank die Verzinsung von 4,2 auf 2,4 Prozent.

Experten orten einen milliardenschweren Grund dafür, warum kurzlaufende Anleihen jetzt so begehrt sind. Vor Weihnachten hatte die Europäische Zentralbank die Banken im Euroraum erstmals für einen Zeitraum von drei Jahren mit billigem Geld versorgt. 489 Milliarden Euro borgten sich die Institute aus. Teilweise werden diese Gelder jetzt kurzfristig in Anleihen gesteckt.

Die Banken vertrauen darauf, ihr Geld z.B. von Spanien oder vom EFSF zurück zu bekommen. Das Vertrauen zu anderen Geldinstituten ist aber alles andere als hoch. In der Nacht auf Dienstag parkten die Banken erstmals mehr als 500 Milliarden Euro bei der EZB. In Normalzeiten greifen die Institute kaum auf dieses Kurzfrist-Geschäft zurück, weil die Konditionen sehr ungünstig sind.

Konjunktur

Nach den jüngsten Daten der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) hat die heimische Wirtschaft gegen Ende 2011 zwar an Schwung verloren. Abgerutscht dürfte sie aber nicht sein. Die OeNB geht von einer Stagnation im vierten Quartal und von einem leichten Wachstum von 0,2 Prozent im Startquartal 2012 aus.

Optimismus regt sich auch in Deutschland, was die Entwicklung in den nächsten Monaten betrifft. Ein Barometer, das aufgrund von Umfragen unter Analysten und institutionellen Investoren erstellt wird, stieg jetzt so stark wie noch nie seit Umfragebeginn 1991. Konjunkturdelle, keine Rezession, lautet die Meinung.

Osteuropa: Kreditvergabe wird für viele Banken schwieriger

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Bis Ende Juni 2012 müssen die systemrelevanten Banken Europas ihr hartes Kernkapital auf neun Prozent erhöhen. Das verlangt die Europäische Bankenaufsicht EBA mit dem Ziel, den Finanzsektor zu stabilisieren. Diese Vorgabe in so kurzer Zeit umsetzen zu müssen sei „Dummheit“, ärgerte sich Herbert Stepic, Chef der Raiffeisen Bank International (RBI) am Dienstag, im Rahmen der Euromoney Conference in Wien. Die Folge werde ein Rückgang bei der Kreditvergabe in Europa um 20 bis 30 Milliarden Euro sein. Denn die Banken müssten Risiken reduzieren. Auch Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny sprach von einem „nicht sehr glücklichen Ziel“ der EBA.

Experten fürchten infolge der Kreditverknappung einen Konjunktureinbruch und fordern eine Neuauflage der „Wiener Initiative“. Diese lose Organisation aus nationalen Behörden und internationalen Organisationen hat 2009 Banken dazu gebracht, sich nicht aus Osteuropa zurückzuziehen. Bei einem Treffen am Montag in Wien erkannte auch die Initiative „einen vergleichbaren Bedarf“ nach Koordinierung, um „suboptimale“ Entwicklungen zu verhindern. „Das ist Vienna 2.0“, heißt es in der Abschlusserklärung. Ein weiteres Treffen „in naher Zukunft“ ist avisiert.

Potenzial RBI-Chef Stepic sieht trotz aller Widrigkeiten noch viel Potenzial in Osteuropa. „Daher werden wir weiter finanzieren. Das ist unser Geschäft.“ Auch Dieter Hengl, Firmenkunden-Vorstand der Bank Austria, sieht für sein Haus keine Kreditklemme. „Wir versorgen die Unternehmen weiterhin mit den nötigen Mitteln.“ Mit einer harten Kernkapitalquote von 10,42 Prozent müsse die BA auch nicht auf die Kreditbremse treten. 2011 war das Kreditgeschäft der

BA mit Firmenkunden in Österreich um rund 600 Millionen auf 39,5 Milliarden Euro gewachsen (plus 1,5 Prozent). Heuer hofft Hengl auf zwei Prozent Zuwachs trotz steigender Gebühren für die Kunden. „Wir haben ein extrem niedriges Zinsniveau, daher ist das kein Problem.“

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