Wirtschaft

Telekom Austria: "Auf des Messers Schneide"

Für die Zukunft der Telekom Austria werden die nächsten Tage entscheidend. Es geht darum, ob die börsenotierte Telekom, deren Aktien bei der Teil-Privatisierung als "Volksaktien" unter ein breites Anlegerpublikum gestreut wurden, zu einem Top-Player in der Europa-Liga aufsteigen kann oder ohne Wachstumschancen weiterwurschtelt wie bisher. Für die Telekom-Aktie hätte sich damit jegliche Kursfantasie nach oben erledigt.

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Das weitere Schicksal der Telekom hängt von den Verhandlungsteams der StaatsholdingÖIAG, die noch 28,42 Prozent an der Telekom hält, und des mexikanischen Telekom-Konzerns America Movil des Multi-MilliardärsCarlos Slim(26,81 Prozent) ab. Diese beiden größten Aktionäre wollen ihre Anteile bekanntlich in einem Syndikatsvertrag bündeln.

Anfänglich war alles eitel Wonne und auch die Regierung zeigte sich äußerst angetan. Inzwischen aber ist’s mit dem Austausch von Freundlichkeiten vorbei. "Die Lage hat sich dramatisch zugespitzt. Der Syndikatsvertrag steht auf des Messers Schneide", schlagen gut informierte Beobachter Alarm.

America Movil kam der ÖIAG sehr weit entgegen und gab etliche Garantien ab. Im Vertragsentwurf wird der Verbleib des Headquarters in Österreich zugesichert, auch Forschung und Entwicklung bleiben im Land. Ebenso wird die weitere Notierung der Aktie an der Wiener Börse garantiert. Die Mexikaner verpflichten sich, mit der Telekom Austria in Zentral- und Osteuropa zu expandieren.

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Um die Kapitalbasis der brustschwachen Telekom zu stärken, wäre America Movil bereit, über eine Kapitalerhöhung bis zu 1,5 Milliarden Euro zu investieren. Es ist der erklärte Wunsch von ÖVP und SPÖ, dass die Staatsholding ihren Anteil nicht verwässert. Die ÖIAG ist schuldenfrei, die letzte Tranche des Kredites für die Kapitalerhöhung beim teilstaatlichen Mineralölkonzern OMV ist bereits abgezahlt. Die ÖIAG unter ihrem ChefRudolf Kemlerhätte daher kein Problem, bei einer Kapitalerhöhung der Telekom mitzuziehen und könnte sich mit dem Staat als Eigentümer billig finanzieren.

So weit, so gut. Die ÖIAG besteht aber auf weitgehenden Veto-Rechten, ähnlich dem vor 20 Jahren abgeschlossenen Syndikatsvertrag mit der IPIC (Abu Dhabi) für die OMV. Und bastelte ihrerseits einen Vertragsentwurf. Diesen wollen die mexikanischen Verhandlungspartner allerdings nicht akzeptieren.

Das Vertragswerk der ÖIAG sei "unzumutbar", heißt es. Über das Syndikat sollten die Stimmrechte geregelt werden, nicht aber eine totale Kontrolle durch die ÖIAG. Dort agiere man nach dem Motto: "Wasch’ mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass." Das Geld von America Movil wolle man sehr wohl, bei allen Entscheidungen jedoch kneble man den Partner mit umfassenden Veto-Rechten. Die ÖIAG wiederum muss unter Beweis stellen, dass sie hart verhandelt und versucht, das Maximum herauszuholen.

America Movil ist, ebenso wie die ÖIAG, unter Erfolgsdruck. Der an der Wall Street gelistete Telekom-Gigant mit Sitz in Mexiko Stadt scheiterte an der Übernahme der niederländischen KPN und muss seinen Aktionären jetzt in Europa einen Erfolg präsentieren.

Die Telekom Austria wäre die Basis, um in Europa zu wachsen.

Die teilstaatliche Telekom sitzt derzeit auf einer Netto-Verschuldung von 4,2 Milliarden Euro, fährt fast keinen Gewinn ein und legte für die 2013 versteigerten Mobilfunkfrequenzen 1,03 Milliarden Euro hin. Das Unternehmen kann weder größer in den dringend notwendigen Breitband-Ausbau in Österreich investieren noch Auslandsakquisitionen finanzieren. Insider warnen bereits vor einem AUA-Schicksal.

Mit dem glücklosen Finanzvorstand Hans Tschuden, den die ÖIAG angeblich bis zuletzt halten wollte, will man sich demnächst auf einen konfliktfreien Abgang einigen. Ein Finanzvorstand ist schließlich nicht so rasch auszutauschen. Bis Ende März muss der Aufsichtsrat entscheiden, ob er den Vorstandsvertrag für die zweite Phase von 2015 bis 2017 absegnet. Das Gremium wird den Vertrag nicht verlängern. Damit alle Beteiligten das Gesicht wahren, soll Tschuden, dem vor allem eine zu großzügige Dividendenpolitik vorgeworfen wird, in den nächsten Wochen einen Vorschlag präsentieren, wie er sich den Zeitrahmen für seinen Abgang vorstellt.