South Stream: Putin will doch neue Pipeline nach Österreich
Von Elke Windisch
Das Gaspipeline-Projekt South Stream war offenbar nur scheintot. Nur wenige Wochen, nachdem Gazpromchef Alexej Miller und Energieminister Alexander Nowak einen letzten Rettungsversuch der EU mit den Worten "South Stream ist mausetot" abschmetterten, lassen die Russen das Projekt neu aufleben.
Kremlchef Wladimir Putin hatte sich zuvor mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyıp Erdoğan über eine Alternative geeinigt: Die Leitung führt nicht nach Bulgarien, sondern in die Türkei. 48 Milliarden Kubikmeter Gas soll das Land über die neue Pipeline erhalten. Über einen Pipeline-Ast nach Griechenland könnte dann auch Gas für Europa weitergepumpt werden.
Kernstück, so zitierte die Wirtschaftszeitung Wedomosti einen hohen Beamten der Kremladministration, bleibe zwar die Schwarzmeer-Pipeline in die Türkei – Arbeitstitel "Turk Stream" – beim Weiterbau seien jedoch "verschieden lokale Kombinationen möglich". Als chancenreichste gilt derzeit eine Teilrückkehr zu South Stream – mit neuer Trassenführung über Griechenland und Serbien nach Ungarn.
Von dort soll ein Zweig zum österreichischen Baumgarten führen. Der OMV dürften diese Pläne gut gefallen. "Europa braucht eine Röhre", kommentierte OMV-Chef Gerhard Roiss die neuen Pläne. Er geht davon aus, dass eine neue Pipeline "in der einen oder anderen Form kommt". Auch Wirtschaftsminister Mitterlehner sieht das positiv: "Wir sind für mehr Versorgungssicherheit grundsätzlich an einer Diversifizierung von Energiequellen und Lieferrouten interessiert."
Spannendes Detail: Gazprom hat sich in den Lieferverträgen mit westeuropäischen Abnehmern verpflichtet, das Gas bis zur Grenze des jeweiligen Landes zu transportieren. Für Österreich ist das Baumgarten. Die Russen können also nicht einfach sagen: "Wir drehen die Ukraine-Leitung ab, bauen eine Pipeline in die Türkei und die Europäer sollen schauen, wie sie dann zu diesem Gas kommen." So hatte es Putin noch im Jänner, als er vom "Aus für South Stream" sprach, aber noch anklingen lassen. Eine Pipeline, die nur bis in die Türkei verläuft, wäre aber rechtlich gar nicht möglich.
Daher soll Gazprom sogar bereit sein, den Bau der South Stream von Griechenland bis Österreich finanziell mitzutragen. Bei Ungarns Premier Viktor Orbán rannte Putin mit den neuen South- Stream-Plänen offene Türen ein. Orbán hatte mehrfach gedroht, South Stream notfalls gegen den Willen Brüssels durchzuziehen. Ungarn hatte laut Tageszeitung Kommersant wegen der Wirtschaftsflaute Gas im Wert von rund drei Mrd. Euro trotz vertraglicher Verpflichtung nicht abgerufen. Gazprom bestand ursprünglich darauf, Putin erließ diese Forderung aber. Orban war ihm daher offenbar etwas schuldig.
Allianzen gesucht
Ungarn, warnen Moskauer Experten mit Bedauern, verfüge nicht über das Potenzial für einen Alleingang in der EU in Sachen South Stream. Orban dürfte daher versuchen, eine Allianz der Willigen zu schmieden und dazu vor allem Griechenland mit ins Boot holen zu wollen. Die neue Trasse für das South-Stream-Projekt wäre ein Meilenstein dabei.Ärger droht indes nicht nur aus Brüssel, sondern auch aus Ankara. Die Türkei will 15 Prozent Rabatt auf alle russischen Gaslieferungen, Gazprom ist derzeit nur zu sechs Prozent Nachlass bereit.
Der Ölpreis hat seit Sommer des Vorjahres zu einer rasanten Talfahrt angesetzt. Kurzzeitig notierte im Jänner ein Fass (159 Liter) der Nordseesorte Brent sogar unter 50 US-Dollar. Doch seit drei Wochen geht es mit mehr als 60 Dollar wieder aufwärts. Gestern, Dienstag, fiel der Preis wieder unter die 60-Dollar-Marke, nachdem es nach wie vor ein massives Überangebot an Lagerbeständen gibt.
Die Prognosen über den Preis in zwölf Monaten divergieren stark und reichen von 20 bis 100 Dollar. Entsprechend verunsichert sind Investoren und fahren unterschiedliche Strategien. Am besten verdeutlichen dies die beiden Staranleger George Soros und Warren Buffett.
Soros erwarb in den vergangenen Monaten Aktien des US-Konzerns Devon Energy sowie der Schweizer Transocean, weltgrößter Vermieter von Bohrinseln. Buffett wiederum verkaufte im letzten Quartal des Vorjahres alle Anteile an Exxon Mobil und ConocoPhillips im Gesamtwert von 6,3 Milliarden Dollar (5,5 Mrd. Euro).
Die Kurse der beiden Titel gaben im Herbst zwar stark nach, erholten sich aber zwischenzeitlich wieder. Conoco ist fast wieder auf dem Niveau vom Sommer des Vorjahres, Exxon sogar darüber. Zudem erwarten Analysten für heuer und nächstes Jahr steigende Dividenden. Buffett scheint also vorerst kein genialer Schachzug gelungen zu sein.
Aber auch Soros dürfte nicht das beste Händchen gehabt haben. Die hohen Überkapazitäten auf dem Markt führten bei Transocean zu einem Auftrags- bzw. Umsatzrückgang. Im dritten Quartal des Vorjahres gab es einen Verlust von 2,2 Mrd. Dollar. Am Montag dieser Woche trat Chef Steven Newman zurück, die Dividende wird um 80 Prozent gekürzt. Analysten raten zum Verkauf.
Die Halbierung des Rohölpreises im zweiten Halbjahr 2014 drückt den Gewinn des Öl- und Gaskonzerns OMV erheblich: Nach Steuern verdiente das Unternehmen mit 613 Millionen Euro um fast zwei Drittel weniger als 2013. Für die Aktionäre wird es dennoch eine unveränderte Dividende von 1,25 Euro je Aktie geben. Das wird auch die Republik Österreich freuen, die über die ÖIAG 31,5 Prozent an der OMV hält.
OMV-Chef Gerhard Roiss, der Mitte dieses Jahres aus dem Vorstand ausscheiden soll, hat dem Konzern ein striktes Sparprogramm verordnet: „Fit for 50“, nennt er den Plan, der die OMV auch bei einem Ölpreis von 50 Dollar je Fass langfristig profitabel machen soll. In allen Unternehmensbereichen werden Kostensenkungsmöglichkeiten gesucht. Details will der OMV-Chef nicht nennen, diese würden im Mai dem Aufsichtsrat präsentiert.
Zudem werden Investitionen von ursprünglich 3,9 Milliarden pro Jahr auf 2,5 bis drei Milliarden reduziert. Der Rückzug aus einzelnen Geschäften wird geprüft. Dazu zählt der Bereich „Gas & Power“ sowie Explorationsfelder in der britischen Nordsee. Zentral ist für Roiss, dass die OMV so viel „freien Cashflow“ erwirtschaftet, dass die Investitionen ohne einen Anstieg der Verschuldung getätigt werden können.
Totalausfall in Libyen
Im wichtigen Ölförderland der OMV, Libyen, herrscht wegen der Unruhen derzeit Stillstand. 2014 wurde dort nur ein Viertel der sonst üblichen Ölmenge gefördert. Auch im Jemen pumpt die OMV aktuell nur wenig Öl. Dagegen läuft es in Norwegen gut.
309.000 Fass Öl pro Tag förderte die OMV 2014 im durchschnitt, um acht Prozent mehr als 2013. Der Anstieg kam großteils aus den Feldern in der norwegischen Nordsee. Auch langfristig setzt der Konzern den Fokus auf das „Schwarze Gold“. Das Förderziel von 400.000 Fass pro Tag, das sich Roiss für 2016 gesetzt hat, wird aber auf unbestimmte Zeit verschoben.