Wirtschaft

So wettbewerbsfähig ist Österreich

Vor wenigen Wochen sorgte eine – allerdings nie präsentierte – Studie von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) für helle Aufregung. Der Wirtschaftsstandort habe seit 2008 massiv an Wettbewerbsfähigkeit verloren, die ausländischen Konzerne siedelten ihre Zentralen ab, in Summe seien 70.000 Jobs verloren gegangen.

Dieser negative Befund empörte nicht nur den Koalitionspartner SPÖ, sondern auch ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Österreich sei, so Mitterlehner und SPÖ, weit besser durch die Krise gekommen als die meisten EU-Staaten. Und steht laut dem Befund des Wirtschaftsforscher Ulrich Schuh „noch gut da“. Allerdings warnt Schuh vor einer Budget-Sanierung über die Einnahmen, das würde Unternehmen vertreiben.

Der KURIER hat untersucht, wie gut die heimische Wirtschaft für den schärfer werdenden Wettbewerb gerüstet ist. Erster Befund: Die Konjunktur-Sonne geht zwar nicht wirklich auf, aber sie ist auch nicht untergegangen.

Industrie Die Industrie, die rund ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet, hat sich nach der Krise wieder erholt. Die Produktion der Branche mit knapp 410.000 Mitarbeitern ist 2012 mit 150 Milliarden Euro wieder deutlich über das Vorkrisen-Niveau (2008 waren es 138 Milliarden) gestiegen. Wermutstropfen: Die Industrie ist stark von Exporten und vor allem von Deutschland abhängig. Geht es der deutschen Industrie schlecht, leiden auch die österreichischen Lieferanten. Semperit-Boss Thomas Fahnemann etwa hat trotz guter Halbjahreszahlen „mit der Konjunktur zu kämpfen. Der Wind bläst ganz schön von vorn, und der Markt ist schleppend“.

Handel Mit dayli und Niedermeyer musste der heimische Einzelhandel im ersten Halbjahr zwei Großpleiten mit insgesamt rund 4000 Beschäftigten verkraften. Ursache für das Scheitern war in beiden Fällen aber nicht die flaue Konjunktur, sondern nicht (mehr) marktfähige Geschäftsmodelle. dayli und Niedermeyer hinterlassen keine großen Löcher, in ihren Marktsegmenten gibt es ohnehin ein Überangebot.

Die Kauflaune der Österreicher ist gebremst, aber intakt. Das WIFO prognostiziert für heuer eine Stagnation bei den Konsumausgaben. Die Beschäftigung (insgesamt mehr als 500.000) ist trotz der Pleiten stabil, die Arbeitslosigkeit stieg zuletzt aber um elf Prozent.

Gewerbe Die fast 140.000 Klein- und Mittelbetriebe im Gewerbe und Handwerk sind das Rückgrat der Wirtschaft. Immerhin geben sie mehr als 600.000 Menschen Arbeit, sind stark regional verhaftet und damit weniger stark abhängig von der globalen Konjunktur als Großkonzerne. Doch auch sie können sich nicht ganz der Flaute entziehen. Im ersten Quartal des Jahres sanken die Aufträge um drei Prozent, 35 Prozent der Betriebe machen Verlust. Vor allem das Baugewerbe wurde von der Alpine-Pleite schwer getroffen. Viele Zulieferer rutschten ebenfalls in die Pleite. Das Hochwasser im Juni bescherte der Branche eine unerwartete Auftragsflut.

Tourismus Der vermeintlich konjunktursensible Tourismus erweist sich derzeit als wahrer Wirtschafts- und Jobmotor. Die Branche generiert über direkte und indirekte Wertschöpfung rund 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und stellt jeden fünften Vollzeitarbeitsplatz. Allein im Hotel- und Gastgewerbe arbeiten mehr als 250.000 Menschen. Die Wintersaison lief hervorragend, für die Sommersaison erwartet Tourismus-Obmann Johann Schenner, dass der Rekord aus dem Vorjahr um zwei bis drei Prozent übertroffen wird. Die Hitze sorgte dafür, dass viele Österreicher lieber daheim urlaubten, statt in den Süden zu fliegen.

Für die Interessensvertreter der Industrie ist sie jedes Mal eine kleinere bis Mega-Katastrophe: Das Abrutschen Österreichs um auch nur einen Platz in einem der zahlreichen Rankings in Sachen Wettbewerb löst regelmäßig Panik aus. Zuletzt stürzte Österreich auf der Rangliste des renommierten Schweizer Wirtschaftsinstituts IMD gewaltig ab. 2013 reichte es unter 60 Kandidaten nur noch für Platz 23, ein Jahr davor hatte es noch Rang 21 gegeben, 2011 schaffte Österreich sogar Platz 14.

Ranglisten allein sagen über den Zustand einer Volkswirtschaft freilich relativ wenig aus. Sie werden meist auf Basis von Umfragen unter Investoren ermittelt, die oft nicht von den selben Voraussetzungen ausgehen. So legen einige Investoren ihren Schwerpunkt auf technologische Potenz eines Landes, bei anderen stehen Lohnunterschiede und Arbeitskosten an erster Stelle.

Trotz aller Ungereimtheiten zeigen viele Studien für Österreich aber ein einheitliches Bild: So ist es mit der Flexibilität der Arbeitszeit hier zu Lande nicht wirklich weit her, auch wenn es für einige Branchen international vergleichbare Sonderregelungen gibt. Ein weiteres Hindernis für die Ansiedlung etwa von Firmenzentralen ist der hohe Spitzensteuersatz, der Manager 50 Prozent ihres Salärs kostet.