Skibranche will mit Helmen und Brillen Umsatzrennen machen
Von Simone Hoepke
Die goldenen Zeiten der Skihersteller sind vorbei. Von Spitzenwerten von insgesamt acht Millionen verkauften Paaren pro Jahr haben sie sich längst verabschiedet. Der Weltmarkt stagniert seit Jahren bei 3,2 Millionen (Österreich: 330.000 Paar). Die Industrie hat die Hoffnung, dass die Verkaufszahlen noch einmal anziehen werden, begraben. Sie setzt auf neue Geschäftsfelder – nach Skischuhen verstärkt auf Skibrillen und Helme.
Damit rennt sie bei den Sportartikelhändlern offene Türen ein. Da diese Artikel mehr Geld abwerfen als der Ski-Verkauf, bekommen sie in den Geschäften entsprechend viel Platz eingeräumt.
Laut Branchenzahlen verkaufen Händler rund um den Globus aktuell mehr Skihelme (4 Millionen Stück) als Alpinski (3,2 Millionen). Der Markt für Skibrillen wird mit einer Million Stück beziffert. "Da ist noch ein enormer Spielraum nach oben", findet Wolfgang Mayrhofer von Atomic Österreich. Die weltweite Nummer eins im Verkauf von Alpinski produziert bereits 120.000 Helme und rund 70.000 Skibrillen im Jahr. Laut Mayrhofer "ein super Geschäft". Den Verkauf von Snowboards hat er dagegen vor drei Jahren eingestellt. Gegen Platzhirsche wie Burton, die 45 Prozent des Marktes dominieren, könne man einfach nicht ankommen. Außer man nimmt richtig Geld in die Hand, sagt er.
Das Geld steckt Atomic – wie auch viele Konkurrenten – lieber in die Produktion von Tourenski, mit denen sich noch gutes Geld verdienen lässt. Schließlich liegen die Preise um ein gutes Fünftel und mehr über jenen der Alpinski. Und die weltweite Nachfrage wächst – zuletzt auf 270.000 Paar im Jahr.
Probleme in Russland
Die Russlandkrise zieht auch in der Ski-Industrie ihre Spuren. Russland ist – neben Skandinavien – der größte Abnehmer von Langlaufskiern und kämpft derzeit mit der Rubelabwertung. Ein großer Player in diesem Bereich ist Fischer Ski. Vorstand Franz Föttinger gesteht bereits ein, dass er in Russland großzügige Rabatte gewähren muss, um das Geschäft anzukurbeln.
Die Skiproduktion in der Westukraine, in der rund zwei Drittel der Fischer-Bretter von Band laufen, gehe aber unbeirrt weiter, betont Föttinger, der auch Sprecher der Branche ist. Blizzard und Atomic fertigen ebenfalls weiterhin problemlos einen Teil ihrer Bretteln in der Westukraine an der Grenze zu Ungarn.
Der Jugend ist der Bildschirm näher als die Piste. Die Branche – von der Industrie über Gastgeber bis zu Skischulen – kämpft mit Nachwuchssorgen und versucht seit drei Jahren mit dem Schulterschluss „Allianz Zukunft Winter“ (eine Plattform der betroffenen Branchen) gegenzusteuern. Etwa mit Angeboten für Lehrer, die mit ihren Schülern auf Skikurs fahren. „2013/’14 ist der Rückgang bei den Schulskikursen gestoppt worden“, ist Petra Nocker-Schwarzenbacher, Obfrau der Bundessparte Tourismus, zufrieden. „Aber das Antikorruptionsgesetz könnte uns einen Strich durch die Rechnung machen.“
Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt bei der Allianz Zukunft Winter und hat Daten gesichert. Hintergrund: Eine Lehrerin aus Knittelfeld wollte sich bei ihrem Direktor eine Genehmigung zur Annahme von Freikarten für das Skigebiet einholen, in das sie in der Folge mit ihrer Klasse gefahren ist. Der Direktor vermutete in den Freikarten Bestechung und zeigte die Allianz Zukunft Winter an, erzählt deren Sprecher Franz Schenner. Aus seiner Sicht geht es nicht um Bestechung, sondern um die Entlastung klammer Schulbudgets. Freikarten für Lehrer habe es nur gegeben, wenn der Schulskikurs fix gebucht war. Schließlich sollten sich Lehrer im Vorfeld ein Bild von den Pisten machen können.
Neben Schülern will die Allianz verstärkt jene zurück auf die Piste holen, deren Skier seit Jahren im Keller verstauben. Laut Schätzungen gibt es europaweit 40 Millionen potenzielle Wiedereinsteiger, rund 550.000 davon in Österreich. Für weiße Pisten ist gesorgt. Die Seilbahnwirtschaft hat seit 2008 rund 800 Millionen in die Schneesicherheit investiert.