Ohne Gummi läuft fast gar nichts
Von Anita Staudacher
Singapur, New Marina Bay, 33. Stock. In der höchstgelegenen Bierbrauerei der Welt genießen die Gäste bei einem „kühlen Blonden“ den atemberaubenden Panoramablick von der Terrasse. Der zugegeben weniger aufregende Blick auf die Brauanlage dahinter zeigt aber ebenso Erstaunliches. Die Anlage stammt vom Wiener Unternehmen Salm Bräu und die Gummischläuche, durch die der Gerstensaft rinnt, hat Semperit geliefert.
Die wichtigste und damit das Kerngeschäft des Unternehmens sind hochwertige Operations-, Untersuchungs- und Schutzhandschuhe. Im Bereich OP-Handschuhe ist Semperit Weltmarktführer und der einzige Hersteller, der noch in Europa produziert. Und das immerhin schon seit 1920.
Alles Asien?
Der Zukunftsmarkt im Handschuh-Geschäft heißt Asien, wo der Hygienebedarf steigt, während er in Europa und den USA eher stagniert. Um den Markt besser bearbeiten zu können, wurde das Sempermed-Headquarter bereits von Österreich nach Singapur verlagert. Am Produktionsstandort Wimpassing/NÖ mit 660 Beschäftigten will man aber festhalten, versicherte Konzernchef Thomas Fahnemann unlängst. In Wimpassing befindet sich auch das F&E-Zentrum für die Entwicklung neuer Materialen für OP-Handschuhe. „Unser Ziel ist es, durch neue Produktionsschritte den Tragekomfort zu steigern und Unverträglichkeiten so weit wie möglich zu reduzieren“, erläutert Firmensprecherin Martina Büchele. So gelang es Sempermed als erstem Anbieter, OP-Handschuhe durch Vernetzung mit UV-Licht ohne allergieauslösende Beschleunigerchemikalien herzustellen.
Eine führende Position nimmt der Gummi-Spezialist auch bei Rolltreppen-Handläufen, Seilbahnfutterungen, Skifolien sowie Fenster- und Türdichtungen ein.
2014 wird Semperit 190 Jahre alt und ist somit einer der ältesten Industriebetriebe Österreichs. Gegründet wurde das Unternehmen von Johann Nepomuk Reithoffer, der 1852 in Wimpassing die erste europäische Fabrik für Kautschukprodukte gründete. Schon 1890 erfolgte der Gang an die Wiener Börse. Heute hat Semperit mit der heimischen Beteiligungsgesellschaft B&C einen stabilen Kernaktionär, der sich die „Förderung des österreichischen Unternehmertums“ an die Fahnen geheftet hat.
Historie
Obwohl Semperit seit fast 30 Jahren keine Reifen mehr produziert, wird das Unternehmen gerade von älteren Menschen immer noch als „Reifen-Firma“ bezeichnet. „Wir machen alles, nur keine Reifen mehr“, ist Firmensprecherin Büchele darüber wenig glücklich. Denn schließlich sei die Abkehr von der Reifenproduktion durch den damaligen Jobabbau vor allem negativ in Erinnerung. „Seither wurden aber wieder viele Jobs aufgebaut.“
Mitarbeiter: ca. 10.000, davon mehr als 7000 in Asien und 750 in Österreich
Standorte: 22 Produktionen, in Wimpassing/Österreich, Ungarn, Tschechien, Polen, Italien, Deutschland, Frankreich, Thailand, China, Indien, Malaysia und USA
Bereiche: Sempermed (OP-Handschuhe), Semperflex (Schläuche), Sempertrans (Förderbänder) Semperform (Handläufe, Skifolien etc.)Exportquote: 96 ProzentBilanz: Umsatz 829 Mio. Euro
Konzernergebnis (EBITDA): 109 Mio. Euro (2012)